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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

§. 5. Insgemein tragen die wilden Bäume viel Saamen / und nachdem ein solcher klein oder groß ist / wird er auch das Maaß füllen / wie denn eine Eiche oder Buche etliche Scheffel an Früchten oder Saamen bringet / wenn solcher bey guten Jahrsgang geräth; Hingegen von grösten Saam-Bircken / Erlen / Fichten / Kiefern / Tannen und dergleichen Bäumen / kaum eine Metze oder Hand voll zusammlen ist / aber der Körner / sind an der Zahl vielmehr als bey jenen.

Hat der allmächtige GOtt uns nun alle Vortheil zum Baum-Saamen säen gegeben / so scheinet es auch uns vorträglicher zuseyn / als wenn mans der Natur alleine überlässet / welches denn nachfolgends argument allerdings bestärcken wird.

Denn der Augenschein giebts zum öfftern / wie die Tangel-Bäume / als Tannen / Fichten und Kiefern / wie auch die Laub-Bäume / nehmlich Ahorn / Eichen / Buchen / Aschen / Linden / Erlen und Bircken / in guten Jahren so voll Saamen hängen / daß nur von eines Baumes Saamen viel Acker Landes könten besäet werden, alleine, wenn solcher von sich selbsten abfället / und ausflieget / das allerwenigste / oder gar nichts zum öfftern davon aufgehet.

Do aber dieser Saamen eingesamlet worden und durch ordentliches Aussäen / die Erde recht ergriffen hätte / so würde es ihm auch an Feuchtigkeit zum Aufkeimen und Aufgehen / nicht ermangelt haben.

Hingegen wenn solcher von sich selber abfällt / und die Erde nicht gnugsam erreichet / sondern aufn Mooß / Laub etc. liegen bleibet / so verdirbet er entweder durch dürre oder Nässe / vergehet oder verzehret sich in sich selbsten / versauret / erfrieret / erstirbet in der Milch / erstickt im Mooß / und in Graß / wird von Ungezieffer gefressen / oder muß seinen Untergang durch einen andern Zufall leiden.

§. 6. Es können zwar dergleichen Unglücks-Fälle auch bey dem Säen sich ereignen; alleine denen meisten ist dadurch zu entgehen / wenn der Saamen die Erde einmahl recht gefasset / und ob gleich ein casus fortuitus oder wiedriger Zufall sich dabey zutrüge / so ist doch diesfalls nicht alsofort zu verzagen / sondern bey ereigneter Verunglückung das Säen zu reiteriren.

Wie wohl mancher viel difficultäten hierunter sich einbilden dürffte / in Erwegung / daß nur die Kentnüß derer unterschiedenen Arten des Baum-Saamens dessen Vollkommenheit und Güte / viel Sorge / Mühe und Zeit erfordert / geschweige nun / wie solcher einzusammlen / zusäen / die cultur des Erdbodens dabey zu verrichten / der darauf erfolgte Anflug zu pflegen / und zu warten / und was dergleichen Umstände mehr sind, worvon man doch billig eine hinlängliche Nachricht haben müste ehe man zum Holtz-Säen Hand anlegen / mithin davon Nutzen / und theils Früchte gewarten und geniessen wolte / massen es auch mehr als zu wahr / daß bey dem Getreyde gegen das Holtz zurechnen / sehr

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/145&oldid=- (Version vom 14.2.2021)