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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

aber die Bäume, so daselbst anzutreffen / schön und von einem guten Wachsthum seyn / oder sich darzu anlassen / und nicht krüplicht / knorricht / oder sonsten übel gestaltet wachsen / da es doch an sich selbst ein gut oder groß Gewächs / und sonsten seiner Art nach / grün oder lebhafft aussehen soll / so ist es ein gewiß Zeichen / daß das Erdreich daselbst Bäume in ihrer rechten Grösse herfür zubringen / gut und tüchtig sey / und daß die Wurtzeln wohl in die Erde kommen und gute Nahrung daselbst finden mögen / bevorab / wenn einerley Erde etwan einer Elle und mehr tieff oben auf ist / ehe eine andere Erde, fester Leim oder Kieß von anderer Farbe sich angiebet / und ist die schwärtzlichte oder graue Erde wohl die beste.

Man schreibet von denen Portugesen / daß sie ein gewöhnlich Sprichwort haben sollen: Je besser ein Land von Natur sich kleiden kan / je besser es auch seine Einwohner zu kleiden vermag; Womit sie zu erkennen geben wollen / daß je dicker / stärcker und fetter Holtz ein Land von Natur herfür giebt / je fetter und besser auch der Grund und Boden sey / und wenn solches Holtz ausgerottet / und zu Felde gemachet / desto bessere und vollkommenere Früchte und Nutzen reichet es seinen Innhabern dar / welches sie aus Erfahrung erlernet / und wahr befunden / allermassen sie alle nicht gut Holtz tragende Lande in America wenig aestimiren und keine Colonien daselbst anrichten.

§. 10. will man aber gründlich der Sache nachgehen und die Güte des Erdbodens eigentlicher erkennen / kan man eine Probe thun.

Wenn man nehmlich von solcher Erde etwas ins Wasser rühret und Tag und Nacht darauf stehen und sich setzen lässet / hernach durchseichet oder filtriret / so wird das Wasser dem Geruch und Geschmack der Erden an sich nehmen / und also hierdurch zu erkennen seyn / ob es sauer / süsse / stinckend / bitter / angenehm oder ungeschmack sey / daraus auch unfehlbar seine Güte oder Unart zu schliessen / auch was es ohngefehr vor Mineralien bey sich führe. Ist alsdenn das Wasser klar / so bedeutet es einen warmen Boden; das trübe hingegen / daß das Erdreich kalter Beschaffenheit sey; schmecket es nach Salpeter oder schwefelicht / oder victriolisch / und dergleichen / so hat es ohne Zweiffel dergleichen Temperament.

§. 11. Denn die exhalationes derer mineralien so in der Erde verborgen / müssen auch ohne Zweifel die superficial-Erde impraegniren / so hernach denen Gewächsen mit getheilet wird / und also werden fast alle Sinne / die Güte oder Eigenschafft des Bodens zu erkennen zu adhibiren seyn (1.) durch den Augenschein (2.) durch Fühlen / (3.) durch Geschmack / (4.) durch den Geruch. Durch diese 4.

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/172&oldid=- (Version vom 21.8.2021)