Seite:Sylvicultura oeconomica.pdf/192

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

aber dieser Saame / wenn er schon gekäumet / mit grosser Behutsamkeit / daß der Keim nicht beschädiget werde / einzeln gestecket oder so er nur etwas aufgequollen und ein wenig sich aufgethan / gesäet werden / so kan dieser Saame eben so gut fortkommen als in Herbst / kostet aber mehr Mühe.

§. 23. Solcher Gestalt nun hat die Frühlings-Saat ihren Nutzen.

Aber insgemeim wird jetzt gedachte Saat in Herbst / wo es müglich / viel nützlicher vorgenommen. Denn zu der Zeit ist der Saame noch frisch und unausgedorret / bekömt auch also die Herbst- und Winter-Feuchte in der Erde / daß solcher gegen den Frühling und Sommer desto eher aufgehen und fortkommen kan / zumahln auch der meiste Saamen / sonderlich von Tangel-Holtz die Kälte / Eiß und Frost wohl verträgt / nicht aber die übrige Nässe / wenn sie nehmlich so groß / daß sie die olität / so im Saamen ist / überwältiget.

Hergegen wenn die ausgesproste Frühlings-Saat zu zeitlich aufgehet / und es kommt ein Frost darauf oder alzu grosse Dürre / so ist solche dahin und verlohren / und der Keim verdirbt; Die Herbst-Saat aber richtet sich nach der Witterung / und gehet mit solcher fort / daß sie insgemein nicht eher ausbricht als es natürlich / und die ordinair Fröste vorbey / und erfrieren die im Herbst gesäete junge Bäume bey einfallenden Frost nicht so leicht / als die im Frühling gesäet sind / in dem sie die Kälte schon einmahl gewohnet / und der Saame den Winter überstanden.

Es lieget zwar der Saame über Winters wie todt in der Erde / jedoch ziehet er bey der Witterungs-Veränderung immer[WS 1] nach und nach Feuchtigkeit an sich / und wenn nun gegen den Frühling / die Erde / als aller Saamen Mutter / von der Sonnen erwärmet wird / so balde entpfänget auch der angesäete Saamen / seine Nahrung und Feuchtigkeit zum Aufgehen.

Dieses ist das sicherste Mittel / daß der Saame seine benöthigte Feuchtigkeit erlange. Denn wenn man ihm selbige durchs Einweichen beybringen will / ist es etwas gefährlich / und kan der Sache leicht zu viel oder zu wenig geschehen. Es erhellet auch daraus / daß es nützlicher[WS 2] sey / das Laub-Holtz an Buchen / Ahorn / Esche / Rüsterbaum / Haynbuche / Linden / Ilmen / Leinbaum / und dergleichen zu solcher Zeit zu säen wenn der Saame völlig reiff wird / und also in dem er noch frisch / bequemer gesäet werden kan / auch so er in frische Erde und nicht in Moos / Graß / und Geräusch fället / und darinnen verdirbet gar wohl käumet / aufgehet und Wurtzel fassen kan.

Die starcken Herbst-Regen schlagen und drucken auch den Saamen von Eicheln / Eckern etc. in die Erde / daß er desto leichter aufgehen mag / und solcher Gestalt wird ohne Zweifel eine bequeme und taugliche Zeit Erwehlung zum Säen / und zu Herfürbringung schöner Bäume / und zu derer zeitlichern / und schleunigern An- und Fortwachs viel contribuiren / welches zum öfftern die Anmerckung und Augenschein sattsam gibt / auch diese heimliche Beschaffenheit /

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: immmer
  2. Vorlage: uützlicher
Empfohlene Zitierweise:
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/192&oldid=- (Version vom 21.8.2021)