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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

§. 42. Wenn das Saam-Körnlein in säen die quere zu liegen kömmt / so ist es am besten / und so kan auf einer Seiten die Wurtzel / auf der andern das Stämmlein aus wachsen; wenn aber der Keim unten / und die Wurtzel oben zu liegen kömmt / so verhindert es das Aufgehen in etwas / oder verdirbet gar.

Viel Saamen gehet kaum in einen Jahre / auch wohl in 2. Jahren erst auf / zumahl wenn solcher zuvor dürre worden / und die Witterung nicht vorträglich gewesen / derohalben man Gedult haben muß / sonderlich bey denen harten Kernen / Aschen-Saamen / Vogelbeeren / und dergleichen / bis solche hervon kommen; Jedoch ists eine gute Hülffe / wenn der Saame zuvor in temperirten Orten / oder in Mooß / Sand etc. (davon oben schon Anregung geschehen) auf behalten und gegen den vollen Mond ausgesäet worden.

§. 43. Wenn nun also durch Gottes Seegen der grüne Saamen auff gegangen ist / so mag es gewißlich eine schöne und herrliche Lust seyn / wenn man selbigen / sonderlich auf einer weiten Ebne ansiehet / und die Hoffnung der mit der Zeit heranwachsenden anmuthigen und nutzbaren Wälder gleichsam vor Augen hat.

Es ist anbey nicht zu leugnen / und sich leichtlich zu imaginiren / daß so wohl fremde / als auch einheimische Gewächse und Bäume zu betrachten / nicht alleine eine belustigung der Augen / sondern auch eine sonderbahre Ergötzung des Gemüths ja gar was Göttliches sey / ihre Eigenschafften zum Anbau / Anflug und Wiederwachs erkennen lernen / darum sie auch göttliche Allmacht erschaffen / daß sie dem Menschen zum Nutz dienen / aber von uns auch zum Auffwachs befördert werden sollen.

§. 44. Aber wieder zu unsern aufgehenden Saamen zu kehren / so will derselbe auch fort und fort noch Pflege und Aufsicht haben, damit die Stämmlein desto besser fortkommen und erhalten werden mögen.

Wenn man das Graß und Unkraut bey dem aufgegangenen Saamen wo es nöthig tilgen auch zu Zeiten die Stämme und Wurtzeln gar behacken kan / biß es in die Höhe kömmt / und das Unkraut selber verdemmet / so wird den Wachsthum der Bäumlein sonderbahre Hülffe gethan / und kan ein Arbeiter in einen Tage ein oder 2. Acker wohl von Unkraut und Dörnern säubern.

§. 45. Ob nun wohl also / wie oben beschrieben / und angewiesen, mit Einsammlumg und Säung des Saamens, Zurichtung des Bodens etc. möglichster Fleiß angewendet und alles gethan worden / kan es doch wohl geschehen / daß nicht alsobald im ersten Jahre der gewünschte Effect erfolge; Allermassen man gnugsam siehet und erfähret / daß weil der Saame nicht sattsame Feuchtigkeit hat / oder in der Nässe versäuert und verdirbet / nicht auffkäumen / auswachsen / Wurtzeln und Sprossen werffen / und also auffkommenen kan / sondern

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/201&oldid=- (Version vom 21.8.2021)