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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

kan man ihnen die überleyen Aeste benehmen / so wächset das Stämmlein besser / und kommt ihnen der Safft alle zu Nutzen / der sonst in die Aeste treibet / es mag auch der Wind das Stämmlein nicht so leicht fassen / wenn der Wippel und viele unnöthige Aeste weg sind.

Wenn aber ein Stämmlein einen feinen Schafft und die rechte proportionirte Stärcke und Dicke an sich selbst hat / braucht es kein beschneidens / doch scheinet es nicht rathsam zu seyn / flugs anfangs des ersten Jahrs etwas daran weg zu nehmen / dieweil die Aestgen noch zu zart sind / sondern es ist vorträglicher damit anzustehen / biß sie etwas erstarcken.

Gewiße Stämme oder Arten / sonderlich die Eichen / Castanien / Aschen / Ahorn / Ilmen / Rüstern etc. wachsen besser / wann sie fleißig gewartet / und nicht der Natur und andern Zufällen allein überlassen werden.

Es stehet über das auch fein / wenn die Bäume in einer gleichen distanz bey- und von einander stehen / so fern es sich thun lassen will / sintemahl solches den Augen sehr angenehm ist / und einen feinen prospect giebet / wiewohl es zu Fortkommung und Wachsthum der Stämmlein nicht allerdings nöthig.

Wenn endlich aus der Baum-Schule ein und ander Bäumlein ausgezogen wird / so hilfft es den übrigen / welche stehen bleiben / in so weit / daß die Erde damit lucker gemacht wird / und würcket dieses eben so viel / als wenn sie einmahl behacket werden.

Jedoch soll die aufgeluckerte Erde etwas wieder nieder gedrucket werden / damit die Lufft / und die Winde nicht zu denen Wurtzeln dringen / und die Feuchtigkeit austrocknen mögen.

§. 10. Da nun auf dergleichen Art Baum-Schulen angeleget würden / soll man kaum glauben / daß ein so kleiner Platz / so hierzu gewidmet / viel 100. ja tausend Stämme fourniren solte / und dadurch bey ziemlich großen Revieren / Herrschafften und Aembtern / die ledigen Plätze / Gehaue / und andere hierzu dienliche Höhen und Gegenden / versehen und bepflantzet / beynebenst nicht allein Zimmer-Holtz / sondern auch Brenn-Holtz in Menge auffbracht desgleichen vortreffliche Lust- und Spazier-Gänge etc. angelegt werden könne. Ja es würden auch zum Verkauff dergleichen Bäumlein in Quantität auf zu ziehen, solche weit und breit in- und außerhalb Landes zum Versetzen zu verkauffen / oder zu Stangen / Reiff-Stäben und zu dergleichen nutzbaren Dingen zu gebrauchen seyn / und ein Hauß-Wirth sich damit wohl nehren können.

Denn wer damit umzugehen weiß und Mühe drauff wenden will / kan selbe zu Schocken ja tausenden / wenn sie zum theil nur eines Gliedes lang seyn / an Mann bringen. Im übrigen fället annoch zu erinnern / daß wo man bey großen Refieren die abgeholtzte und abgetriebene Stock-Räume und Blößen völlig besäen kan / so braucht es dergleichen Baum-Schulen daselbst nicht / sondern nur bey kleinern Gegenden / und wo

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/235&oldid=- (Version vom 21.8.2021)