Seite:Sylvicultura oeconomica.pdf/243

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

man an den Bäumlein / so im Herbst und gegen den Winter versetzet werden / nicht viel abschneiden und verstimmlen soll / denn sonsten die Kälte und Frost auf dem Schnitte stärcker in Stamm einzudringen / auch wohl solcher dadurch gar zu verderben pfleget / sondern es kan die nöthige Beschneidung gegen den Frühling geschehen / damit sie desto eher fortkommen mögen.

§. 14. Man hat aber bey allerhand wilden Bäumen / so man solche beschneidet oder behauet / zu beobachten / daß der Schnitt mit Küh- oder Schweine-Mist bestrichen werde / so gehet der Safft oder Hartz nicht heraus / welches sonsten dem Baum sehr schädlich fället.

Es sollen auch alle Schnitte schreg oder seitwerts geschehen und glatt gemachet werden / damit der Regen und Frost daran nicht hafften möge / welcher sich sonsten hinein / und sonderlich in Kern ziehet und grossen Schaden verursachet.

Es müssen auch weiter dergleichen Schnitte mit einem sonderlichen scharffen / und nicht stumpffen oder gemeinen Brod-Messer verrichtet werden / als wodurch die Bäume leichtlich den Brand bekommen und verderben.

§. 15. Was sonsten von Benehmung der Hertz-Wurtzel oben gemeldet worden / so wird zwar dieses als eine durchgehende Regel von denen Gärtnern statuirt / daß man nehmlich selbige beym Versetzen nicht laßen solte / sonsten trügen sie keine gute Früchte / verdürben auch wohl gar.

Unterdessen kan man dargegen einwenden / daß gleichwohl GOtt der Allmächtige nichts umsonst geschaffen, und also auch die Hertz-Wurtzeln an den Bäumen nicht vergebens seyn, gestalt auch diejenigen Bäume / so nicht versetzet werden / sondern von sich selbsten wachsen / solche behalten und doch darbey wohl fortkommen.

Allein die Erfahrung giebet es / sonderlich bey denen Nuß- und Birn-Bäumen / daß es vorträglicher / wenn solche weggeschnitten / hergegen aber schädlich / wenn sie gelassen wird. Denn diese treibet / und wächset gerade unter sich / und ergreifft alsobald die todte und unartige Erde / darinnen keine gute Nahrung und Krafft befindlich / derohalben auch solche dem Stamm keinen guten Safft und Fortkommens geben kan / sondern die Wurtzel wird anbrüchig / daß der Baum keine gute Früchte herfür bringen mag / und wohl gar verdirbet / indeme er aus Mangel der guten Nahrung / so er aus der Hertz-Wurtzel / die aber in der todten und unfruchtbahren Erde steckt / haben soll / böse Feuchtigkeit an sich ziehet: hingegen aber die Seiten- und Neben-Wurtzeln die lauffen oben in der guten Erde hin / und ziehen daraus guten Safft und Krafft / sonderlich von der Witterung / so von oben her einfället und ihren Einfluß hat.

Es pflegen auch an den Ort / wo die Hertz-Wurtzel abgeschnitten / gemeiniglich andere kleine Würtzelchen wieder hervor zu schiessen.

Inzwischen aber wenn der Boden auch in der Tieffe

Empfohlene Zitierweise:
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 227. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/243&oldid=- (Version vom 20.8.2021)