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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

anders wegen des kalten Climatis geschehen könte / hier zu Lande fortzupflantzen trachtete / oder daß man sie in Gärten zeugete / und gleich andern ausländischen Früchten / Winters-Zeit an warmen Orten / und Behältnissen verwahrte / weil sie ziemlichen Nutzen bey obangeführten Umständen giebet.

§. 14. Bey denen Eichen ist nicht vorbey zugehen der Mistel oder Mispel / als welches ein seltzam Gewächse / da Holtz wieder auf Holtz wächset.

Fronde virere nova, quod non sua seminat Arbor,

Davon der sinnreiche J. CAES. SCALIGER Exerc. 168. schreibet / Sic educi viscum ex Arboribus, quasi cornua ex ossibus amimalium; quamobrem, inquit Jon Poëta Cnius in fab. Ceneo viscum dixit esse sudorem quercus. D. i. Die Mistel wächset nicht anders als wie bey denen Thieren das Horn / weshalben der Poet selbige einen Schweiß der Eiche nennet.

Dieses Mispels Zweige sind alle in form eines Creutzes / haben Blätter / gleich dem Buchs-Baum / länglicht als wie Zungen gestaltet / so aber in Winter abfallen / sie tragen auch Beere / so dem Menschen schädlich / aus welchem ein Leim bereitet wird / wenn sie aber mit Rauten gesotten und eingenommen werden / treiben sie den Schweiß / und sollen denen so mit der fallenden Seuche beladen / dienlich seyn / wie Camerarius schreibet. Mit diesen Mistel wird vielerley Aberglauben getrieben / und solcher den Kindern / wider den schwehren Gebrechen und Behexung an den Halß gehenget / wie DODONAUS schreibet / siehe hiervon weiter URSIN. Arbor. Bibl. Sect. 2. cap. 15. p. 236. sqq.

§. 15. Hieher gehöret auch das Honig / so die Bienen in den hohlen Eichen zusammen tragen / davon VIRGILIUS singet:

Examina condunt
Corticibusque cavis vitiosaeque Ilicis alvo.

und meldet PLINIUS lib. 16. c. 8. hiervon die Ursache Melleos rores e coelo cadentes non aliis magis insidere frondibus.

D. i. der süße Thau fällt nirgends besser an / als auf den Eichen-Laub.

So gedencket auch Curtius Histor. lib. 6. In Hircania frequens Arbor faciem Quercus habet, cujus folia multo melle tinguntur, sed nisi solis ortum Incolae occupaverint, vel modico tempore succus extinguitur. daß nehmlich in Hircanien der gemeinste Baum die Eiche sey / auff deßen Laub viel Honig befindlich.

Doch wer es genießen wolte muß vor der Sonnen Auffgang kommen denn sonsten verschwindet dieser süße Safft in einer sehr kurtzen Zeit.

Es ist bekannt / daß wenn die Poeten das güldene Seculum oder sonst glückselige Zeiten beschreiben wollen / sie unter andern mit anführen / daß die Eichen würden mit süßen Honig trieffen / wie aus dem Ovidio, Tibullo. Virgilio,

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/308&oldid=- (Version vom 20.8.2021)