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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

§. 35. Die Rinde des Castanien-Baumes ist schwärtzlich und Aschen-Farb / das Holtz fest und der Fäulung wenig unterworffen.

Die Blätter sind gekerbet mit vielen Aederlein / die Blüthe wollicht / und niederhangend mit gelbichten Blümlein / fast denen Zäpfflein an den Nuß-Bäumen ähnlich / worauf die Frucht in einer stachlichten Schalen folget.

Es wächset dieser Baum sehr leichtlich und gerne / überkommt insgemein einen schönen Schafft / wird so groß als ein Eichen-Baum / und wächset in fünff oder sechs Jahren unterweilen so groß / daß er Früchte träget / giebt den Garten eine schöne Zierde / so wohl wegen des Gewächses als schönen Laubes.

§. 3. Es sind aber der Castanien zweyerley / wilde und zahme.

Die wilden haben an statt der Blüte längliche Meutzlein oder Zäpfflein; die Früchte lassen sich nicht wohl schelen / man siede oder koche sie denn zuvor / gehören mehr vor das Vieh als vor die Menschen / derhalben man sich bey Pflantzung solcher Bäume lieber nach guter Art umzusehen hat.

Die kleinere Art / so man in Franckreich zeuget / wächset gerne in kalten Ländern soll erst von Constantinopel nach Wien / und von dannen in Italien und Franckreich bracht worden seyn / da sie sich in wenig Jahren auf viel 1000. Stück vermehret.

Sie heisset sonst Pferd-Castanie / weil sie bey denen keichenden Pferden gebraucht wird / soll auch die Indianische Castanie genennet werden / und der Baum binnen 8. oder 10. Jahren / einen ziemlichen Stamm / und schönen Wuchs erlangen.

Es giebt aber der Castanien-Baum ein vortreffliches Bau-Holtz / dienet auch zu Tischer-Arbeit mehr denn ein anders. Er wird am besten durch die Schößlinge / so an der Wurtzel ausschlagen fortbracht / wie auch durch Peltzen / wodurch sie bessere Früchte tragen / gemeiniglich aber von denen Castanien selbsten.

Diese werden im Früh-Jahre / so bald in die Erde zukommen / eine quere Hand tieff in guten luckern Boden gestecket / und auf eine Seite geleget / damit die Käumen desto eher in die Höhe kommen / und auf der andern Seiten die Wurtzel werffen können; auch stecket man zu jeden Kern ein Stöcklein. Doch müssen die Castanien / so man zu Saamen haben will recht reiff seyn / und wenn sie gesammlet / fein dünne geschüttet werden / auch etliche Tage außschwitzen / ferner wohl einen Monat lang in Sand oder Mooß liegen.

Wirfft man sie alsdenn ins Wasser / so schwimmen die untüchtigen oben auf / darauf läst man die guten etliche Tage wohl treugen / thut sie wieder in Mooß oder Sand / und also verfähret man nach und nach / biß man sie in Frühling stecken kan / sie müssen aber von den Mäußen und andern Ungezieffer / wohl verwahret werden; Man kan sie auch zuvor ein paar Nächte

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/319&oldid=- (Version vom 20.8.2021)