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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

Saamen / als von den Schößlingen fortgebracht / theils stecken sie auch wie Weiden / aber sie will auf diese Art wohl gepfleget seyn / und gute Witterung haben / sonst verdirbt sie / und gehet aus.

Bey dem Verpflantzen schneidet man gerne den Wipfel ab / so bekommt sie desto eher / und kan nicht so leicht von Schnee und Wind gedrucket werden / denn es gar ein zart Holtz ist / so viel Kern und Marck hat.

Der Saame von Linden hat noch eine starcke Schale um sich / dahero soll er in Sand geleget werden / daß er aufkäume / oder also bald nach dem er reiff / und eingesamlet / frisch gesäet werden / damit er die Herbst und Winter-Feüchte erlange / und desto eher auffgehe / gestalt dieser und auch der Saame von Ahorn / Aschen und Rüstern nebst den guten Grund auch nothdürfftige Feuchtigkeit haben will.

Denn fället er unter und zwischen andere Bäume / dadurch ihm die Feuchtigkeit und Witterung benommen wird / oder es treten dürre Jahres-Zeiten ein / so gehet er nicht auf / lieget und verbuttet in sich selbsten wird von Würmen / Schnecken / Ameisen / item von Mäußen und dergleichen Ungeziefer gefreßen und beschädiget / also / daß er auch auf künfftige Jahre aufzugehen ruiniret wird / welchem Verderb er auch sonsten unterworffen ist / wenn er nicht bald hervor kommt / ja es geschicht auch meistens in Aufkäumen / daß er von Insectis beschädiget / vergifftet / und verderbet wird.

§. 9. Sonsten nimmt die Linde allerley Obst und Früchte an / welche in dieselbe gepfropffet werden.

Plinius bezeuget / daß er bey Tibur eine Linde mit allerley Obste beladen gesehen / indem sie auf einem Ast Nüße / auf dem andern Beeren / Feigen / Birn und Aepffel getragen / lib. 17. c. 16. Vor Zeiten ist sie dem Saturno gewidmet gewesen / als welcher / da er sich in ein Pferd verwandelt / die Philyram geschwängert / und mit ihr den Chironem ein Pferd-Mann / oder Centaurum erzeiget / davon Ovidius l. 6. Metam.

Ut Saturnus equo geminum Chirona creavit.

Deshalben auch die üppigen und schändlichen Sacra unter den Schattenreichen Linden sind gehalten worden. vid. Ursinus Arbor. Bibl. Sect. 2. cap. 10. p. 170.

§. 10. Daß im übrigen die Bäume, zumahl die wilden 3. 4. 5. und mehr Secula ausdauern können / geben uns lebendige Zeugen ab die vielen alten und großen Linden / so hin und wieder in Teutschland gepflantzet / als zu Basel auch in denen Reichs- und andern Städten / wie auch diejenige berühmte und wohl sehens würdige zu Augustus-Burg in Meißen.

Die Stein-Linden / so in Italien / Franckreich und Portugal wachsen / sollen fast stets grünen / und die Hecken und Zäune damit angeleget werden; wäre dahero zu wündschen / daß diese Art auch in Teutschland[WS 1] / wo

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  1. Vorlage: Teutschlaud
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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/336&oldid=- (Version vom 20.8.2021)