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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

Bäumen gantze Lust-Wäldlein erziehlet / wie Martialis lib. 3. Epigr. 16. eines solchen gedencket und erzehlet / daß er mit allerhand wilder Thiere Abbildung gezieret gewesen / unter welchen auch ein Bär sich befunden / in dessen Rachen / als ein Knabe die Hand gestecket / sey er von einer darinnen verborgen liegenden Otter gestochen worden / und also um das Leben kommen.

§. 13. Es wächset auch dieser Baum sehr hoch / daß von ihm Martialis schreibet:

ramis sidera celsa' petit.

hat sehr starcke Aeste / welche viel härter an Holtze als der Stamm selber seyn.

Nicht weniger ist er auch von einer wunderwürdigen / Dicke und Stärcke / wie denn Plinius von einer Ahorn gedencket lib. 2. c. 1. so inwendig hohl und 71. Schuhe weit gewesen / in welcher der Römische Bürgermeister Licinius Mutianus nebenst 18. Personen Tafel gehalten.

Es sind auch die Ahorn-Bäume mit sonderbahren Fleiß so zugerichtet worden / daß man / gleich wie von Linden gedacht / auf selbigen / wie auf einem Saal speißen können. Daraus denn leicht abzunehmen / daß dieser hohe und weit ausgebreitete Baum einen lieblichen und kühlen Schatten von sich gegeben / darunter man spazieren / auch ruhen und schlaffen können / wie hievon die schönen Verse aus den Griechischen Poëten lauten:

Heu male piscator vivit, cui cymbala tectum
Et labor in pelago est, & pisces praeda fugaces!
Me dulces, Platao sub opaca carpere somnos,
Atque audire juvat vicini murmura fontis:
Cui blando oblectat it repitu, neque terret agrestem.

D. i. O wie übel lebt doch ein Fischer / der sich auf der See muß herum placken und denen flüchtigen Fischen nachsetzen.

Aber ich befinde mich viel besser.

Ich kan unter einem schattigten Ahorn liegen und schlaffen, auch das angenehme Geräusche und Murmeln von den nah gelegenen Brunnen anhören.

§. 14. Um solchen Schattens willen hielten die Alten diesen Baum sehr werth / und wendeten viel darauf / also / daß die Weiber denen Männern vorgeworffen haben sollen / daß die Ausgaben wegen ihrer galanterien und Schmuck / so sie aufwendeten / mit jenen nicht zu vergleichen.

Ja es ist so weit kommen / daß sie diesen Baum mit Wein begoßen / wie Plinius L. cit. schreibet:

Tantum honoris Platanus meruit, ut infuso vino nutriretur, compertumque maxime prodesse radicibus, didicereque Arbores etiam potare vina.

Und bezeuget Macrobius, Saturn. I. 3. c. 15. daß Hortensius dergleichen bey seinen Ahornen zu thun pflegen.

Man hat auch um solches Schattens zu genießen den Eigenthums-Herrn einen gewissen Zinß

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/338&oldid=- (Version vom 20.8.2021)