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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

gesehen / da etliche Verse oder Poëtische Gedichte auf solche Rinde verzeichnet gewesen.

Man hält dafür / daß zweyerley Bircken seyn / nehmlich die rothe und weiße / die rothe hat auch röthlich Holtz / und kleine Blätter / hingegen die weiße / grösser Laub / wächset schnell / das Laub ist fett / und hat einen guten Geruch / davon die besten Mäyen gehauen werden / aber das Vieh / insonderheit Schaff-Vieh und Ziegen verbeisset / und beschädiget diese eher / als die rothe.

Die Letztere hänget auch ihre Aeste niederwärts und zottlicht / bevorab die alten / die weiße aber stehet aufgerichter.

Wie die Lieff-Ländischen Bauren sich der Bircken gebrauchen bezeugen die bekandten Reimen:

Ich bin ein Lieff-Ländischer Baur
Mein Leben wird mir saur /
Ich steig auf den Bircken-Baum /
Davon hau ich mir Sattel und Zaum etc.

Es dienet dieses Holtz auch denen Drechßlern sehr wohl zu allerley Geräthe / ingleichen zu Spähnen / damit zu leuchten / denn es sich wohl schleisset, daß auch Körbe / und anders dergleichen / gar füglich daraus gemachet werden mögen. Es schickt sich auch die Bircke vielerhand Sachen an Zäumen / Schlegstangen und dergleichen abzubinden / eben so gut als die Weiden / weil es sehr zehe.

Hiernechst giebt sie ein sehr gut Feuer-Holtz / so wohl zu Scheiten zu schlagen / als zu Reißig / und weil es hart / so hitzet es auch gut und besser als das weiche Holtz von Fichten / Tannen oder Kieffern; es giebt auch eine gute Kohle / so lange Feuer hält / und dampffet nicht sehr / derhalben sie bequem ist / zu schmeltzen. In Franckreich soll man aus den Bircken-Rinden ein Pech sieden / auch Fackeln daraus machen die so gut brennen sollen / als wenn sie mit Pech überzogen wären.

Hingegen ist dieses Holtz nicht gut zu Mältzen / weil der Rauch widrig / aber das Erlene dienet besser hierzu / dauret auch nicht an dem Wetter / sondern wird anbrüchig und morsch; wenn es aber stets in trocknen bleibet / ist es beständig.

Die schöne weiße birckene Rinde / welche die andere Rinde umgiebet / in Wein geleget / machet Eßig; den Safft in Käse gethan verhütet die Maden.

§. 24. Wie das Bircken-Wasser ausgezapffet wird / ist bekandt.

Es wird nehmlich ein Loch mit einem Böhrer unten in Stamm gebohret / und ein Feder-Kiehl oder dergleichen darein gestecket / daraus denn hernach der Safft laufft.

Das Loch soll gegen die Sonne oder Süden / und nicht gegen Norden gemachet werden.

Hierbey ist sich zuverwundern / daß so viel Wasser aus einer Bircke in etlichen Wochen lauffen kan / ja so schwer / als der Schafft von diesen Baum selber seyn mag; doch wenn zu viel

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 326. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/342&oldid=- (Version vom 20.8.2021)