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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

indem der Safft stärcker darinnen ist als zuvor / so ist hernach das Holtz von einem Acker auch desto mehr zu nutzen als sonsten.

§. 29. Gleichwie man vor alters allerhand Holtz zu tafeln gespalten oder geschnitten / und darauf geschrieben / oder Schrifften darein gegraben; also ist auch fürnehmlich das Eschen- und Buchs-Baum-Holtz zur Schrifft angewendet worden.

Wie denn der Mord-Brieff / welchen Tengo an den König in Britannien geschickt / und darinnen begehret / den mit ziehenden Jüngling umzubringen / auf dergleichen geschrieben war.

Es mag dieses Holtz zum Bauen / auch zu allerhand Haußrath / was man fast erdencken kan / gebrauchet werden / und verarbeiten es die Wagner sehr gern; denn es ist mit ihme fast kein ander Holtz wegen seiner Festigkeit und Zachheit zuvergleichen.

Denn es ist zach wie Leder / und soll ein Seculum ausdauern / ob es gleich sehr gebrauchet / aber nur trucken gehalten wird.

Es ist hiernechst flaßricht und lässet sich wohl arbeiten / auch wohl fürnissen. Zum Bauen muß es in Novembr. und Decembr. gefället werden / wenn der Safft ruhet / und nicht würcket / sonsten wird es leicht wurmstichigt. Das Täfelwerck hievon wird hoch gehalten / wegen der schönen wässerichten Adern oder Jahrwachses / auch weil der Wurm ihn in trucknen nicht schadet / soll auch so gar keine Wanzen leiden / und sonsten wider Gifft seyn / so Teller / Becher und dergleichen draus gemacht werden.

Daß es zum Wund-Holtze gebrauchet und um S. Johannis Tag darzu abgeschnitten werde / ist bekannt / nehmlich wenn eine Wunde damit getrucket wird, indem sie noch bluthet, soll das Schweren und Eyter-setzen dadurch verhindert werden / gestalt es denn auch eine sonderbahre Krafft hat / das Blut zu stillen / daher es auch den Nahmen Wund-Holtz bekommen.

§. 30. Es findet sich auch eine sonderbahre innerliche Krafft und Wiederwärtigkeit an denselben wieder die Schlangen / wie Plinius meldet / als welcher Baum ihnen so zu wieder / daß wenn sie mit Eschen-Laub umleget sind / sie eher durchs Feuer / als durch das Laub und Schatten der Eschen springen werden; so ists auch ein Wunder der Natur / daß er nicht eher blühet / als bis die Schlangen zur Frühlings-Zeit aus ihren Löchern herfür kommen / und nicht eher das Laub abwirfft / als bis dies Ungeziefer im Herbste sich wieder verborgen.

Eine gewisse Probe solcher Antipathie zwischen der Eschen und der Schlangen / hat uns unlängst eine Zeitung aus Pommern gegeben / da in der Gegend Stargard eine Schlange einer in Wald liegenden Schneiders-Frauen Barbara Stollin genannt / als sie geschlaffen, in den Halß gekrochen / und in dem Leibe ihr Quartier genommen auch dieser elenden Person wie wohl zu erachten / etliche Jahr Angst und Schmertzen / gnug verursachet / bis

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/345&oldid=- (Version vom 20.8.2021)