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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

§. 1.

MIt guten Fug und Recht können die Wälder vor eine Krone der Berge / vor eine Zierde der Felder / vor einen Schatz des Landes / und vor eine mit Nutz vermengete Sinnen-Lust / angegeben und gerechnet werden / wie dann ohne Zweiffel die Griechen dahero das Holtz die jenige Materie nennen / die gleichsam bey keiner Sache zuentbehren; Allermaßen dasselbe uns bey dem Eingange menschlichen Lebens / und auch bey dessen Ausgange dienen muß.

Denn so bald wir gebohren werden / empfänget uns die Wiege; und wenn wir sterben / beherberget uns ein klein höltzern Hauß / der Sarck / dessen uns täglich die aus Holtz gemachten Betten / die wir zu unserer Ruhe gebrauchen / erinnern sollen.

Die alten Heidnischen Römer haben zu Verbrennung ihrer Todten vormahls lauter grobes und rothes Holtz genommen / hernach aber als sie reicher worden und ihre Monarchie in grössern Flor kommen / ist dagegen zierlich gehobeltes und mit allerhand Mahlwerck angestrichenes Holtz hierzu verwendet worden.

Rund um den Scheiderhauffen / so nach der Form eines Altars gebauet / stunden Cypressen-Bäume / den Stanck der Todten-Cörper / durch ihren guten Geruch zu vertreiben.

§. 2. Ferner so dienet uns das Holtz aus dem Walde unsere gantze Lebens-Zeit durch / als wovon unsere Wohnungen gebauet werden sintemahl es wenig oder gar keine Gebäude giebet / in welchen ohne Holtzwerck alle die Geschosse Zimmer und Bedürffnisse / auch die von Stein und in Stein gehauen / oder von dergleichen auf geführet werden können / und würden wir vor Schnee / Regen / Hagel / Frost und dergleichen schlecht bedecket seyn / wann uns das Holtz nicht dißfalls in seinen Schutz nähme.

Wie dann dahero in einem guten Theile Teutschlandes / und durchgehends in Pohlen / Moscau / Dennemarck / Schweden und Norwegen die Häuser meistens aus lauter Holtz erbauet werden / darzu die Wälder / die Balcken / Sparren / Latten / Bretter / Schindeln und andere Bereitschafft mildiglich darreichen.

Aus diesen Ursachen sind die alten Teutschen Reimen entstanden:

Wer gesund / Saltz / Holtz / und Sonnen /
Tägliches Brod mag bekommen /
Der soll weiter nichts klagen /
Sondern GOtt Danck darum sagen.

Empfohlene Zitierweise:
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/373&oldid=- (Version vom 20.8.2021)