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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

§. 16. Es hat aber das Holtz seinen herrlichen und unbeschreiblichen Nutzen / nicht allein zu Lande / sondern zu förderst und zwar unendlich auch zu Wasser. Denn dasselbe ist allein dasjenige / so dieses stoltze Element träget / da es sonsten alles andere in sich verschlinget / oder verderbet; also kommen / und setzen wir durch dessen Hülffe / wie kurtz zuvor Erwehnung geschehen / nicht allein vermittelst aufgebauter und befestigter Brücken und Stege / sondern auch mit Fähren / Kähnen / Booten / Schiffen und allerhand Fahrzeugen / über die reißenden Ströhme / Seen / Teiche / Lachen und Moräste / bevorab über das wunder große / und auf viel hundert / ja tausend Meilen sich erstreckende grausame wilde Welt-Meer; da denn mit großen Vortheil die Wahren und andere Bedürffnüße von einem Ort zum andern gebracht werden können / welches die gantze Welt zu geniessen und darvon unendlichen Reichthum zu spüren hat.

§. 17. Wie dann auch / da die erschreckliche Sündfluth den gantzen Erd-Boden überschwemmte / und alles was einen lebendigen Oden auff dem Trucknen hatte / ersäuffte / nechst Göttlichen Befehl und Vorsehung / durch das Holtz der Uberbleibsel des gantzen menschlichen Geschlechts / in 8. Personen bestehend erhalten / und vermittelst des höltzernen Kastens Noä / die neue Welt mit der alten verbunden und an einander gefüget wurde.

Eben diese Betrachtung führet uns dahin, wie gleichfalls auch mit Hülffe des Holtzes / eine neue / und die so lange Zeit denen alten unbekante und neue Welt ist entdecket worden / in dem America zu erst von dem Columbo durch die Schiffarth / Anno Christi 1492, und nachgehender Zeit jemehr und mehr von andern erfunden ward / auch noch heute zu Tage durch dieses Mittel weiter bekannt gemacht wird.

§. 18. Ferner was vor Schätze werden nicht durch die von Holtz erbaueten Schiffe / aus denen beyden Indien in unsere Welt und vornehmlich in Europam eingeführet / und wenn man diese schwimmende Paläste / Zeug- und Munition-Häußer / Fortressen Kauff- und Wohn-Plätze / auf denen Seen / Meeren / und Strömen nicht hätte / so müsten die Negotien in andere Länder gar unterbleiben / und unterlassen werden / dahero ob angezogener maßen / die Chineser das Holtz nicht unbillig als ein fünfftes Element aestimiren / und heilig halten / weil es der Mensch zu seiner sustentation nicht entbehren noch entrathen kan.

Wer will ausrechnen den Werth des Goldes / Silbers / der Edelgesteine / Perlen / Gewürtze / Artzeneyen / seidener- und Baumwollener Zeuge etc. so in unglaublicher und unaussprechlicher Menge zu uns dadurch gebracht / und hingegen andere Wahren aus Europa, in die andern Theile der Welt / mit unsäglichen Vortheil und Nutzen derer Beederseits

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 364. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/380&oldid=- (Version vom 20.8.2021)