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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

Rinden / Safft / Wurtzeln / Saamen und Früchten / an decocten / Oehlen / parfum, und andern vielen Medicamenten praepariret und zubereitet werden; wenn durch Göttliche Verhängnüs und gerechte Straffe eine Contagion das Land ergreiffet / und die Pest die Menschen häuffig dahin reißet / so hat das Holtz hier sonderlich seinen Nutzen; Denn es hat die Erfahrung gelehret / daß das Feuer die Lufft zu reinigen eine verwunderliche Krafft habe / derohalben pfleget man bey grasirenden Seuchen stets Holtz in Bereitschafft brennend zu haben / sonderlich welches lieblich riechet / und eine besondere medicinalische Krafft hat / als da ist der Wacholder / Eichen / Fichten / Weinreben / Lorbern-Cypressen-Holtz.

§. 31. Man hat auch bey Betrachtung derer Wälder die allerschönste Gelegenheit / die Allmacht / Gütigkeit und Vorsichtigkeit des großen Schöpffers zuerkennen / der alles so weise geordnet / daß ein jedes den Menschen zu Nutz kommen muß.

Der Einsiedler Antonius, als er gefraget worden / woher er seine große Weißheit / und aus welchem Buche Er solche gelernet / und studiret hätte? hat er geantwortet / Er hätte nicht mehr als 2. Bücher (1.) eine alte Bibel / darinnen er fleißig läße / und zum (2.) ein Buch / welches er nicht könte in seine Clause bringen / weil es allzu groß wäre; darauf er den Fragenden unter freyen Himmel geführet / ihme die Welt gezeiget / und gesaget: Siehe / das ist mein ander Buch / das große Welt-Buch / das hat nur zwey Blätter / das eine ist der Himmel / das andere die Erde / und was darinnen ist / darunter auch begriffen sind / die Bäume / Stauden und Kräuter in den Wäldern / und das sey das schönste Buch / GOtt und seine Allmacht daraus zuerkennen.

Wenn David die wunderbarliche Erschaffung und Erhaltung der Welt andächtig bewundert / gedencket Er auch der wilden Bäume / Psalm. 104. 16. 17. daß die Bäume des Herrn voll Safft stehen / die Cedern Libanon die Er gepflantzet hat.

Daselbst nisten die Vögel / und die Reiger wohnen auf den Tannen. Ja GOtt der Allmächtige hat den Erd-Boden mit sehr vielen Arten der Bäume gezieret / und ausgeschmücket / daß man wohl sagen kan / daß dieses der rechte Aufbutz der Welt sey / und dabey mit gewissen und undencklichen Tugenden, und Krafft alleine uns Menschen zum Besten begabet / dahero die quaestion, worzu ist das Holtz gut? mit andern vegetabilibus ohne Zweiffel incomparabel ist / dann der Nutzen des Holtzes fast unendlich / und kein Geschöpff dergleichen praestiren kan / und also zuschliessen / daß das Holtz zur conservation des Menschen unentbehrlich sey / auch dahero höchst nöthig die unpolitische Verringerung derer Höltzer / so viel nur müglich und menschlich / abzustellen. Wie viel heiliger Leute und Einsiedeler haben das

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 372. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/388&oldid=- (Version vom 20.8.2021)