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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

daß er nunmehr bey seiner erlangten subsistenz bleibet / und weder zu- noch abnimmt / oder von innen anbrüchig wird / so man zwar so leicht nicht abmercken kan.

Denn weil dieses eine lange Experienz erfordert / auch keine gewisse Regul darauf zu finden / so muß es theils in Muthmaßungen / und dann auf sichtlichen Kennzeichen bestehen / da der Augenschein giebet / daß das Holtz ausgewachsen / als: wenn er entweder an Aesten / oder Gipffel wandelbar / oder wenn ein Spahn aus dem Stamm gehauen wird / und solcher so wimmricht oder feste ist / daß ihm kein Zuwachs mehr zuzutrauen.

Diese Bäume nun sind wohl für andern allen zuverlassen / und zu verkauffen / und die jenigen so noch wachsen und zunehmen mögen / zu schonen; Jedoch ist alles cum grano salis anzunehmen.

Denn es muß observiret werden / was das Bedürffniß eines jeden ist / ob er ausgewachsenes / starckes oder schwaches Holtz brauche / denn das Schonen meist in jungen Holtz bestehen soll / das Alter aber eines Baumes zuerkennen / gleichwie es von keinem sonderlichen Nutzen / also hat es GOtt dem Menschen auch verborgen.

Es ist zwar wohl gewiß / daß so lange der Baum wächset / er jährlich einige Jahre oder Circkel seinem Stamm zusetzet / welche dann wenn der Stamm in diameter von einander geseget wird / gar leicht zuzehlen / aber dessen rechtes Alter ist unfehlbar daraus nicht zuschliessen / wie oben mit mehren angeführet.

Wenn aber der Baum aufhöret zu wachsen / sonderlich in die Höhe / wer weiß als-denn selbigen Periodum.

§. 16. Daß ein Baum im Fällen keinen Schaden nehme / wenn er soll zum Bauen gebraucht werden / muß ein verständiger Holtzschläger Vorsichtigkeit brauchen / und wo es nöthig / daß er ihn anfänglich nur anlehne, und sachte niederlasse / auch auf keinen Stock oder großen Ast werffe / und also solchen nicht zu knicke oder zersprenge.

Man soll das Bau-Holtz auch nach advenant nicht abhauen / wenn es gefrohren / und kein Schnee ist / darauf es weich fallen kan / denn in Niederfallen zerschellet es sich unvermerckt / weil es sich nicht biegen kan / wie das ungefrohrne / sonderlich / wenn Wellen davon gemacht werden sollen / so brechen und springen sie von einander / als wie man eine Rübe zerbricht / oder zerschleussen sich / oder bekommen von innewendig Risse.

§. 17. Etliche pflegen das Bau-Holtz / so sie fällen wollen / eine Zeit zuvor unten an Stamm zu schelen / damit es alle-sachte austruckne / und desto eher dürre werde.

Allein die meiste Meynung gehet dahin / daß dergleichen Holtz ehe wandelbar wird / als das ungeschelte.

Denn die Natur oder Safft greifft es an / und weil er den Baum nichts helffen kan / so corrumpiret er ihn viel mehr,

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 380. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/396&oldid=- (Version vom 20.8.2021)