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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

wollen.

Denn man will dafür halten / daß unter etlichen Geschlechten der Bäume Männlein und Weiblein seyn sollen / und daß man observiret / daß dem Weiblein die Fruchtbarkeit von dem Männlein entweder durch die Lufft / oder aus denen Wurtzeln / Blüthen / oder exhalationibus (Ausdampffung) zugebracht wird.

Etliche statuiren / diejenigen Bäume / so keine Früchte tragen / wären Weiblein / und unfruchtbahr; die aber Früchte tragen / wären Männlein.

Andere aber haben es umgekehrt / und eine widrige Meynung geführet.

Alleine / es scheinet / daß solcher Wahn ohne Fundament / auch von keinen Nutzen sey. Denn obige differenz entstehet meistentheils von dem Grund und Boden / darinnen der Baum wächset / weil einer mehr als der andere[WS 1] den Stamm / das Laub / die Blüthe und Frucht treibet / oder verändert / fruchtbar / oder unfruchtbar machet.

Auch kann bey etzlichen der Einfluß / so bey der Verpflantz- oder der Säung derer Bäume erfolget / viel zur Fruchtbar- oder Unfruchtbarkeit contribuiren / insgemein aber nimmt man wahr / daß alle Bäume zum Frucht- und Saamen-tragen genaturet sind.

§. 20. Endlich können die Bäume auch unterschieden werden / daß etliche sind indigenae, die in einem Lande sua sponte, oder von selbsten wachsen; andere aber seyn exoticae, oder Frembde / welche aus andern Orten hergebracht / und also auch in einem andern Lande besser fortgepflantzet werden können / davon unten im 17. Capitel dieses Theils gehandelt wird.

Denn etliche Bäume wachsen an einem Orte / gar leicht und ohne sonderbahre Mühe wunderschön daher / zumahl wenn das Erdreich wohl darzu aptirt ist; hingegen wollen sie an einen andern Orte wohl gepfleget und gepflantzet seyn / und gerathen doch wohl nicht.

Es seind auch viel Bäume / so die Verpflantzung nicht wohl leiden / sondern vermittelst des Saamens von sich selbsten am besten anwachsen / sonderlich die jenigen / so hartzig seyn / oder da man solche gleich andern warten / beschneiden / behacken oder tüngen will / so gerathen sie nicht / und gehen wohl gar ein.

§. 21. Aber auf die Bäume und derer Anwachs selber zu kommen / indem man deren Ursprung und Anfang betrachtet / so muß man wohl mit grosser Verwunderung ansehen / wie ein unansehnlich-kleines Körnlein / sonderlich bey dem Tangel-Holtz einen solchen grossen Baum geben kan / dergleichen bey keinen andern vegetabilibus ist / daß nach proportion eines so kleinen Saam-Körnleins / ein dergleichen Corpus daraus erwachse.

Wenn wir nun auf die Generation der Bäume achtung geben wollen / so wird sich befinden / daß der Baum-Saamen / wenn er in die

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/45&oldid=- (Version vom 9.6.2018)