Seite:Sylvicultura oeconomica.pdf/49

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

so vielerley effect und Würckungen / indem er die Blüthen / die Blätter / die Sprossen des Baumes generiret / und dem Stamm / denen Aesten / der Schale und dem Marck seine Nahrung reichlich darreichet.

Der empfangene Safft / und inhaerirendes Saltz aber dringet so wohl durch die poros, so in den Stamm / und in dessen Jahren sind / als auch durch die Rinde / in welcher die pori etwas grösser und weiter seyn / und also derselbe desto ehe darinnen fort und in die Höhe steigen kan.

§. 30. Hiernechst ist auch sehr merckwürdig / daß ein Holtz mehr und schärffern Safft / Saltz / und andere intrinseca bey sich führet / als das andere / welches aus dem Rauch desselben ziemlich genau zuschliessen.

Denn ein Rauch mehr als der andere in die Augen beißet / allermassen der Rauch von frischen Erlen / und Eichen-Holtz / die Augen weit empfindlicher angreifft / als der Rauch von Aspen und Weiden.

§. 31. Vor vielen andern aber kan man fast nichts wunderbarlichers an dem Baum betrachten / als wenn wir ansehen / daß durch den Stiel oder dünnen Stengel / daran die Frucht oder Saame eines Baumes hänget / so viel Safft und Nahrung kommen / daß es die Blüthe herfür bringen / hernach die Früchte / so bey etzlichen Arten von ziemlicher Grösse sind / an sich selber vergrössern und reiff nachen kan / auch ihnen allerhand Farben / Schalen / Fleisch / Mehl / Safft und Kern giebt.

§. 32. Sothane Würckungen nun vom Baum-Safft geschehen zur Sommers-Zeit; aber im Winter ist derselbe ohne Bewegung wegen der Kälte / und folglich wächset / oder nimmet der Baum zu der Zeit wenig zu / ob er wohl sonsten die Kälte ausstehen und vertragen kan / jedoch wollen viele dafür halten / ist auch wahrscheinlich / daß bey sehr guter und warmer Witterung sonderlich das Tangel-Holtz über Winters etwas zunimmmt; so bald aber die Frühlings-Wärme entstehet / und der Frost ausgedauet ist / fänget der Safft an völlig zu treiben / sich zu bewegen / zu würcken / und den Baum lebendig zu machen / daß seine Schale voll Safft wird / und Laub / Sprossen / Aeste und Blüthen von sich stösset.

§. 33. Der Safft hat seinen meisten Sitz zwischen der Schalen und dem Holtz / und breitet sich hernach überall aus / biß in die äussersten extremitäten.

Das meiste Geschlecht derer Bäume giebt dahero Frühlings-Zeit eines Monats lang viel Wasser / wenn man drein bohret / oder hauet / von sich; aber Herbst-Zeit giebt er keinen Safft / ausser / daß der Maulbeer-Baum auch Winters-Zeit / wenn man solchen verwundet / dergleichen von sich lässet.

Empfohlene Zitierweise:
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/49&oldid=- (Version vom 21.5.2018)