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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

Allein es scheinet / als wenn der Mensch den Wieder-Wachs / so die Natur reichlich dargebothen / mehr verhindert als befördert / und von unvernünfftigen Thieren wieder vernichten lassen / also sich den Holtzmangel und Gebruch selbst auf den Halß gezogen / und solchergestalt will die Natur nicht mehr die Bäume umsonst geben / die doch zuvor in so grosser Abundantz / Zierlichkeit und Schönheit von sich selbst gewachsen / sondern man muß sie sehr liebkosen / und flattiren / darneben viel Lieb und Gedult spühren lassen / wenn man auch durch grosse Arbeit etwas von ihr haben will. Wir wollen hierbey noch eines gewissen Autoris Meynung anführen / der also saget:

Lignorum certe, non ubique superfluitas, sed potius omnium illorum magna necessitas, adeoque carentia seu defectus, irae divinae / signum est.

Et fere impletum videtur Philippi Melanchtonis vaticinium, quo sub finem mundi magnum defectum lignorum praedixisse fertur.

Regio lignis abundauit, hodie vero magna deprehenditur lignorum penuria, ea tamen videtur ex neglectu plantationis & sationis potissimum descendere.

Turpis sine gramine campus
Et sine crine caput, & sine fronte nemus. OVID.

D. i. Es ist an dem / daß nicht aller Orten ein Uberfluß / sondern ein grosser Mangel an Holtze ist / welches man gewiß vor ein rechtes Zorn-Gerichte des grossen GOttes anzusehen hat.

Es scheinet auch nunmehr PHILIPPI MELANCHTHONIS Propheceyung ihre Erfüllung zu haben / daß nehmlich am Ende der Welt man an Holtze grosse Noth leiden werde.

Unser Land hatte ehedessen hieran einen starcken Uberfluß / aber nunmehr ziemlichen Mangel / der doch durch Hindansetzung des Säens und Pflantzens veruhrsachet worden / daß man an theils Orten künfftig mit dem Ovidio sagen könte: Das Land hat ein übel Aussehen.

Denn es ist da zwar wohl ein Feld / aber kein Graß; Ein Wald / aber kein Laub noch Zweig in denselben.

Welches man gewiß mit Recht auf unsere grossen Stock-Räume appliciren kan.

§. 17. Von grossen Tannen / Fichten / alten Eichen und Buchen können wir noch wohl sagen / daß noch dergleichen an theils Orten anzutreffen / die kaum 2. oder 3. Männer umklafftern / und die 4. 5. 6. biß 7. Schragen / oder 12. 15. 18. biß 20. Clafftern

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/66&oldid=- (Version vom 29.12.2019)