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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

Holtz geben möchten; Aber es werden in kurtzer Zeit unsere Nachkommen schwerlich glauben können / daß dergleichen schöne und viele Höltzer / und grosse Stämme jemahls verhanden gewesen / weil diese Wälder nunmehr fast unter der Axt seyn / und dergleichen Bäume künfftig in etlichen Seculis nicht so groß / hoch und starck anwachsen dörfften / geschweige / daß sie so lange zuwachsen geschonet werden solten / und wird in weniger Zeit schier eine Kunst oder ein Glück seyn / so grosse Stämme anzutreffen / die einen tüchtigen Well-Baum geben / der doch bey Mühlen und Bergwercken nicht zu entrathen / vielweniger / wird man einen solchen Baum an Fichten und Tannen / aus welchen man 8. oder 10. und mehr Clafftern Holtz machen könte / auf viel Meilweges lang künfftig finden / es wäre denn daß solche Zeiten einfielen / daß das Holtz von der Axt Friede hätte / welches aber GOtt der allerhöste gnädiglich von unserm Vaterlande abwenden / und hingegen gute Consilia, und höchstnöthige Anstalten zu Schonung und zum Wiederwachs der Höltzer geben wolle.

Man lieset von denen armseeligen und Holtzmangelnden Eyländern / denen Hitten / daß bey ihnen und denen Einwohnern derer nachgelegenen Inseln / ein allgemeines Sprichwort sey / daß derjenige seines Kopffs verlustig wäre / der sein Wasser an einem Baume daselbst abschlüge.

Aber es soll so viel heissen / daß in solchen Landen kein Baum anzutreffen / indeme wegen der grimmigen Nordwinde keiner alda uf zu bringen sey.

§. 17. Von dem Holtz-Mangel zeiget auch gnugsam der grosse Abfall des Pechsiedens. Man hat sattsam Nachricht / daß in hiesigen Lande unterschiedliche Wald-Refieren in vorigen und in Anfang jetzigen Seculi gewesen / auf welchen jährlich zu 2. 3. bis 400. und mehr Centner Pech verfertiget worden / da man jetzt nicht 20. 30. bis 40. Centner machen kan.

Woraus gnugsam abzunehmen / wie lichte / und wie sehr solche Höltzer abgetrieben seyn müssen / wäre auch sonsten wohlzuwüntschen / das man nebst denen Böttgern dahin trachtete / wie sparsamer mit dem Peche bey dem Bier-Gefäß-Pichen umzugehen / daß man entweder solches rathsamer und weniger brauchte / oder ein ander Mittel erdächte/ mithin das höchstschädliche Reissen und Hartzen des jungen Holtzes / dadurch eingestellet werden könte / welches nunmehro höchstnöthig ist / denn künfftig das Land unmüglich auf solche Weise mit gnugsamen Pech versehen werden kan / indem die Höltzer jährlich mehr und mehr abgetrieben werden müssen.

Weil aber das Bier brauen eine ziemlich einträgliche Nahrung hiesiger Lande ist / so kan man auch leicht schliessen / wie nachtheilig der Mangel des Pechs sey / und künfftig hin werden dürffte.

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/67&oldid=- (Version vom 29.12.2019)