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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

Heerden mit ihren gifftigen Zähnen und Biß an den Stämmen vor Schaden gethan! Wie dann auch das Laubstreiffen für das Ziegen und[WS 1] andere Vieh / dem Holtz keinen Nutzen bringet / indem zugleich die Sommer-Latten und Aestlein mit abgeschnitten werden.

Weil aber in Gehauen insgemein viel Hinbeer-Sträucher und andere Kräuter mit ausschlagen / so ist es sehr gut / daß solche mit abgeschnitten / und fürs Vieh verbrauchet werden / dadurch denn Raum gemacht wird / daß der Baum-Saamen desto eher / auf die blosse Erde kommen / Lufft haben / und aufgehen kan / wobey aber scharffe Aufsicht zutragen / daß der Anflug / Wiederwachs und Sommer-Latten nicht beschädiget werden.

Sonderlich thut das Ziegen-Vieh grossen Schaden in jungen Holtze / denn es überwindet selten ein Baum den Ziegen-Biß / oder er siechet doch stets daran / und kan sich nicht recht wieder erholen.

§. 19. Mit dem Rind-Vieh ist es nicht so gefährlich / sintemahl es vielfältig angemercket wird / daß solches das junge Tangel-Holtz Frühlings- und Sommers-Zeit nicht leicht verbeisset. Denn wenn die Zeit / so meist in Meyen geschicht / vorbey / da das Holtz an Aesten zugleich mit den heurigen Sprossen einen gelben Staub oder Mehl von sich stösset / und daran hänget / so hernach vom Winde abgeschüttelt / und hin und wieder geführet wird / daß man solchen auf dem Graß / Moos und Wegen gantz gelbe liegen siehet / so sind die Sprossen als denn bitter / daß kein Rind-Vieh so leicht von denen Aesten und Tangeln etwas verbeißet / und sonderlich bey den Fichten und Kiefern / und also kan man / nachdem das junge Tangel-Holtz oder Wiederwachs dergleichen gelbes Mehl oder Staub bekömmt / das Rind-Vieh / Kälber oder Füllen gar wohl an solchen Orten / oder in jungen Gehauen weiden lassen / weil es als denn das junge Tangel-Holtz nicht so leicht beschädiget / und nicht gerne davon frißet.

§. 20. Jedoch ist es am sichersten / die Gehäue nicht eher zu betreiben biß daß der Wiederwachs eine solche Höhe erlanget / daß das Vieh keinen Schaden daran thun kan.

Dahero man in andern / wo sichere Haußwirtschafft mit dem Holtz-Anwachs getrieben / und gepfleget wird / alle Gehaue entweder mit starcken Zäumen / Gräben / oder lebendigen Hecken / für zahme oder wilde Thiere verwahret / dann außer diesen gewiß ist / daß kein Wiederwachs vollkömmlich aufzubringen. Man findet auch Ordnungen daß kein Vieh in gewissen Wäldern gelitten werden darff / denn der Biß von Wild und zahmen Vieh vor einen rechten Gifft an den Wiederwachs

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: uud
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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/80&oldid=- (Version vom 4.8.2020)