Seite:Tagebuch Russlandfeldzug 0156.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Nachdem wir diese befestiget, traten wir unter Voraustragung der Grubenlichter und Begleitung unsers Führers die weitere Fußreise in diesem bereits mehrere Stunden lang ausgedehnten Werke an, wo unser Begleiter vermöge der speziellen Kenntnis nicht unterließ, uns auf diejenigen Puncte der Oberfläche aufmerksam zu machen, unter denen wir uns in diesem Augenblicke eben befanden, als z.B. der Kirche, dem Marktplaze von Wilizka u.s.w.

Die merkwürdigsten Gegenstände in dieser ersten Etage waren folgende:

1.) Die in Salzstein mit Altar und allen seinen übrigen Verzierungen aus dem Ganzen ausgehauene Kapelle, worinnen zu Zeiten noch Meße gelesen wird. Der vormalige König Siegismund von Pohlen mit seiner Gemahlin knieten in einiger Entfernung vor dem Altare in Lebensgröße. – Der Stoff zu beiden war vom schönsten weisen SalzCrystall, der so rein und durchsichtig war, daß man dahinter den Schimmer eines davorgestellten Lichtes deutlich wahrnehmen konnte.

2.) Ein auf Säulen ruhender gedielter hoher Saal, der in die 20. tanzende Paare faßen konnte, mit einem erhaben angebrachten Orchester, an welchen im Transparent 2. übers Kreuz gelegte Berghauen mit dem deutschen Motto: Glück auf! befindlich waren.

3.) Ein beträchtliches Heu und StrohMagazin und

4.) Ein Pferdestall zu 12. Pferden, deren Bestimmung ist, das in weiter Entfernung gebrochene Steinsalz bis zum nächsten Schacht zu bringen, wo es als denn in Kübeln oder Fäßern zu Tage gefördert wird. Bei meinen Daseyn bestanden diese Pferde aus 12. wohlgenährten Apfelschimmeln, die jedoch, wie alle Pferde die das Schicksal haben, hieher zu kommen gänzlich erblindet waren. Da an diesen Tage als den dritten Osterfeyertage gerade nicht gearbeitet ward, so trafen wir die Hälfte davon im Stalle an, während die übrigen 6 sich an der Tränke befanden. Auch hier im Verborgenen hat die weise Vorsehung so gütig gesorgt, daß dieses stunden– ja mitunter meilenlange Werk aus lauter Salzsteinfelsen bestehend, dennoch eine Ader süßen Waßers durchströmt, an welches diese Pferde, wenn sie erst eingewohnt

Empfohlene Zitierweise:
F. W. Winkler: Bemerkungen über den Feldzug gegen Rußland in den Jahren 1812 und 1813., Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tagebuch_Russlandfeldzug_0156.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)