Seite:Tagebuch Russlandfeldzug 0158.jpg

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Von der ersten Etage an, machten wir unsere Fußwanderungen in die übrigen Stockwerke, bald auf eingehauenen Stufen, bald auf abwärts laufenden Verbindungswegen, die sich hier in einer solchen Menge durchkreuzen, daß ein Unbekannter sich allein überlaßen, schwerlich sich aus diesem Labyrinthe wieder an das Tageslicht zurückfinden würde, und dennoch machen die Bewohner dieser unterirrdischen Colonie ihre Geschäftsgänge alle im Dunkeln. – Unvorhergesehen und ohne das mindeste Geräusch schlüpften sie gleich Geistergestallten an uns vorüber, und hätte uns Staunenden nicht oft erst ihr Gruß aufgeschreckt, so würden wir gewiß viele von ihnen nicht einmal bemerkt haben.

     Sämmtliche Verbindungswege, bestehen so viel nur thunlich gewesen aus gradelaufenden 3. bis 4. Ellen breiten Gängen, mit lothrecht zugespitzten Wänden, welche von den Grubenlichtern beleuchtet, wie mit Edelsteinen garnirt, glänzen. Der Fußboden ist mit Bohlen belegt, um das Austreten und Ausfahren deßelben zu verhindern. Rechter und linker Hand dieser Gänge, befinden sich nun die sowohl bereits schon früher ausgearbeiteten als auch noch gangbaren Brüche, gleich hohen weiten Kirchenhallen geformt, nach der Terminologie der Bergleute hier Kammern genannt, deren jede, um sie zu unterscheiden, ihren besonderen Namen führt; So findet man z.B. nach den vorgewesenen neuesten TagesEreignißen, eine Kammer von Moskau, eine von Mosaisk[1], von Friedland, preußisch Eylau, u.s.w.

     Um bei diesen weiten ausgehauenden Räumen, durch den obern Druck das Senken oder Einstürzen derselben zu verhüthen, waren selbige mit Pfeiler unterstüzt, die in den früheren Zeiten, von, im Quatrat aufgeschränkten starken Baumstämmen, und in den neuern Zeiten, von aufeinandergesezten zugehauenen Quatern von Salzstein, angebracht und aufgeführt waren.

     Waren die frühern Pfeiler von Holz, – hier Kasten genannt, – vermöge des Luftzuges, und der die Fäulniß hindernden Salzauflösung gleich noch frisch und unversehrt, so verriethen die starken Quetschungen an dem Holze, besonders an den Enden, wo die Stücke im Kreuz sich berührten, und ganz flach


Sprach- und Sachkommentar

  1. Mosaisk – russ. Kreisstadt, nahe Moskau gelegen
Empfohlene Zitierweise:
F. W. Winkler: Bemerkungen über den Feldzug gegen Rußland in den Jahren 1812 und 1813., Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tagebuch_Russlandfeldzug_0158.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)