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weder Traum noch Wirklichkeit, ging über sein Leben hin. Als der Morgen anbrach, wollte er plötzlich abreisen, allein der Vetter redete ihm zu, Crescentien vorher noch einen Besuch abzustatten. Lange konnte sich Ferdinand nicht entschließen; da aber der Vetter ihm vorstellte, daß dieser Besuch für seine Ruhe, ja vielleicht für sein Schicksal entscheidend seyn könnte, willigte er ein und ging hin.

Wie klopfte sein Herz, als er an dem Hause ankam! Wie zitterte er, als er der Thüre ihres Zimmers sich nahte! Wie ganz aber verlor er alle Fassung, als er endlich sie selbst sah, nachläßig angekleidet und auf dem Sopha sitzend neben dem Baron, welcher traulich seinen Arm um ihren Nacken schlang! Kaum vermochte ers die Worte zu stammeln, daß er gekommen sey, sich persönlich nach ihrem Wohlseyn zu erkundigen, weil er schon so lange keine Briefe mehr von ihr erhalten hätte. Crescentia, nicht im mindesten verlegen, versicherte ihn ganz trocken ihres Wohlbefindens, und sagte zum Baron: Dieß ist Herr Walther, der vormals Schreiber bei meinem Vater war.“ – Diese Kälte, diese höhnische Behandlung war mehr, als Ferdinand ertragen konnte. „Wie, rief er aufgebracht, ist das alles, was Sie von mir zu sagen wissen? Nichts von dem Verhältnisse, in welchem wir stehen? Nichts von Ihrer so oft mir heilig zugesagten Treue? Nichts von der Einwilligung unserer

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Ludwig Neuffer (Hrsg.): Taschenbuch von der Donau 1824. Stettinische Buchhandlung, Ulm 1823, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taschenbuch_von_der_Donau_1824_013.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)