Seite:Taschenbuch von der Donau 1824 116.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Schmähungen fühlte sich Horaz erhaben, und tröstete sich mit dem Beifall, der ihm je länger je mehr von allen Kennern und Freunden des Schönen gezollt wurde.


III. 11.

Nicht leicht ist eine Ode von unverständigen Auslegern mehr mißverstanden und mißgedeutet worden, als diese. Mit Umgehung ihrer nüchternen Ansichten und Urtheile[1] wollen wir den Inhalt der Ode nach dem eben nicht so versteckten Zweck des Horaz zergliedern.

Der Dichter möchte gern ein Lied singen, um damit die spröde Lyde zur Gegenliebe zu bewegen. Das ist das Thema; aber wie originell und einzig ist die Ausführung! Keine elegische Liebesklage, kein romantischer Seufzer, überall Leben und Handlung, überall kühner Schwung lyrischer Begeisterung, und eine unübertreffliche Kunst in der Composition. Er ruft den Merkurius an, den Erfinder der Leier, ja die Leier selbst, ihm Töne zu leih’n, um die harte Lyde zu erweichen. Nun geht er über auf die Wundermacht der Leier, die sie nicht nur in der Oberwelt sondern sogar im Orkus bewiesen habe, und schließt mit der Mythe der Danaiden, die ihrer Grausamkeit wegen Strafe litten. Nur Eine war mild und mitleidig


  1. Vorlage: Urtheilen (Druckfehler, Seite 375)
Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Neuffer (Hrsg.): Taschenbuch von der Donau 1824. Stettinische Buchhandlung, Ulm 1823, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taschenbuch_von_der_Donau_1824_116.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)