Seite:Taschenbuch von der Donau 1824 285.jpg

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steifen Hals in das Joch der Ehe zu beugen. Er legte einen Beweis ab, daß alte Liebe nicht rostet. Denn da er als Rechtskandidat mit der Mutter seines Weibchens ein verliebtes Abentheuer bestanden hatte, diese aber wegen der Hoffnungslosigkeit eines unendlichen Brautstandes ihm ungetreu geworden war, so warb er, vierundzwanzig Jahre nachher, als er zu Amt und Ehren gekommen, um die Tochter, und erhielt sie ohne Bedenken. Dafür hielt er sie aber auch um so höher in seinem Herzen, und ließ sie nicht leicht aus den Augen; der Wankelmuth der Mutter machte ihn vorsichtig.

Ferner erschien der Kammeralverwalter, ein kleines Männchen mit einem hohen Geist. Um seine Figur zu vergrößern, trug er sehr hohe Absätze auf den Stiefeln und einen Hut mit gewaltigen Stülpen; auch dehnte und streckte er sich, so viel es sein Körperchen erlaubte. Er war sehr eitel, und putzte sich mit vieler Kunst und Sorgfalt. Die Behauptung seines Ansehens setzte er bey keiner Gelegenheit aus den Augen, hatte von sich eine sehr große Meinung, und suchte sie gegen männiglich geltend zu machen. Gegen das schöne Geschlecht that er sehr galant, obgleich selten mit Glück; daher mochte es denn auch wohl kommen, daß er sauer dazu sah, wenn seine Amalie, so hieß sein Weibchen, von

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Ludwig Neuffer (Hrsg.): Taschenbuch von der Donau 1824. Stettinische Buchhandlung, Ulm 1823, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taschenbuch_von_der_Donau_1824_285.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)