Seite:Temme Die Volkssagen der Altmark 009.jpg

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zu verwahren. Die Juden in Brandenburg hatten mit dem ihnen zugeschickten Stücklein von der Hostie allerlei gotteslästerliche Gräuel getrieben; nicht minder die Juden in Stendal. Diese hatten dasselbe auf ein Mittagsmahl getragen, bei dem viele Juden anwesend gewesen; sie hatten zwei Hiebe und mehrere Schnitte hineingethan, worauf so viel Blut, als in eine Nußschaale gehen mag, herausgekommen war und auf den Tisch geflossen. Das Blut aber haben sie, soviel sie auch gewaschen, nicht von dem Tische bringen können, weshalb sie von diesem das Ende, woran das Blut gesessen, abgehauen. Zuletzt haben sie die Hostie, die durch alles Schneiden und Hauen doch nicht verletzet worden, wiederum in die blecherne Büchse hineingethan, und den Juden gen Osterburg zugeschicket. Allda hat am Freitage nach Pfingsten ein Jude, Namens Isak, seine Hochzeit und Beilager gehalten, wobei viele Juden aus allen Gegenden der Mark zugegen gewesen. Bei dem Mittagsmahle nun haben sie die Hostie wieder auf den Tisch gelegt, und mit Messern und Pfriemen hineingestochen, worauf dann abermals Blut herausgeflossen. Von da haben sie die Hostie den Juden in Braunschweig zugesendet. Das Alles haben die gefangenen Juden zu Berlin bekannt. Nicht minder haben sie zugestanden, daß Mehrere von ihnen, nämlich Meier von Osterburg, Elias von Tangermünde, David von Gardelegen, und viele Andere, als sie zu Martini in Werben beisammen gewesen, daselbst ein Christenkind von vier Jahren um zehn Gulden gekauft, das sie in einen Keller gebracht, und allda mit Nadeln und Pfriemen gestochen, ihm auch die Medianader geschlagen und ihm zuletzt den Hals abgeschnitten. Von dem also jämmerlich zum Tode gebrachten Kinde haben sie ein ganzes Nößel Blut bekommen. Ein anderes Christenkind, fünf Jahre alt, hatten sie vier oder fünf Tage nach Ostern gekauft,

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen der Altmark. Nicolai, Berlin 1839, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Temme_Die_Volkssagen_der_Altmark_009.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)