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der das Laster des Trunkes an sich hatte. Der Himmel hatte ihn oft gewarnt, aber es war vergebens bei ihm gewesen. Wie der eines Tages wieder in seiner Betrunkenheit über den Fußsteig ging, da war ihm dieser nicht breit genug, wie das bei Betrunkenen wohl zu geschehen pflegt. Der Pfaff in seinem trunkenen Uebermuthe fing darauf an, mit dem Stege zu zanken, und er rief: Warte, ich will dich wohl breiter kriegen! Er hatte aber kaum die Worte gesprochen, und dabei seine Brille auf der Nase fester gesetzt, als er herunter fiel und in dem Sumpfe seinen Tod fand. Seitdem heißt die Gegend die Papenkühle.

Ueber die Altmark. I. S. 232.
Geschichte der Stadt Tangermünde von Pohlmann und Stöpel. S. 345.


20. Der geigende Pfarrer.

Unweit Tangermünde liegen dicht bei einander zwei Dörfer, Ost- und Westheeren. Beide haben nur einen Pfarrer, und auch nur eine Kirche, die mitten zwischen ihnen liegt. Zu einer Zeit war der Pfarrer an dieser Kirche ein gar leichtsinniger Mann, der lieber auf dem Tanzboden, als am Altare war. Eines Tages, am heiligen Pfingstfeste, als die Bauern aus beiden Dörfern zum Tanzen versammelt waren, nahm er sogar selbst die Geige in den Arm und spielte den Bauern zum Tanze auf. Für solchen Frevel traf ihn aber der Zorn des Himmels. Denn es entstand urplötzlich ein schweres Gewitter, und es kam ein langer, scharfer Blitz, der erschlug zwanzig Bauern, und mit ihnen den Pfarrer, dem die Geige im Arme zerschmettert wurde. Dies geschah Anno 1203.

Eine andere Sage berichtet diese Geschichte aus dem Dorfe Ossemer bei Stendal. Das Gewitter soll danach vier und zwanzig Bauern getödtet, dem Pfarrer aber nur

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen der Altmark. Nicolai, Berlin 1839, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Temme_Die_Volkssagen_der_Altmark_020.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)