Seite:Temme Die Volkssagen der Altmark 035.jpg

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mit vielem Gelde beladen, welches er in der ganzen Umgegend reichlich eingenommen, wieder abzog, da jagte Barward von Schenk auf einem anderen Wege ihm zuvor, und trat ihm plötzlich in der Flechtinger Forst entgegen. Hier forderte er ihm seinen Ablaßkasten ab mit dem Sündengelde darin. Der Mönch erschrak zwar sehr, und suchte dem Edelmann begreiflich zu machen, welch’ eine große, schwere Sünde er begehe, wenn er ihn und somit die heilige Kirche beraube. Allein der Herr von Schenk erinnerte ihn daran, wie er ja eben für eine recht schwere Sünde von ihm einen Ablaßbrief erhalten, und der Domikaner mußte, alles Sträubens ungeachtet, seinen Kasten mit allem Gelde hergeben. Von diesem Gelde ließ der Edelmann, da das Dorf bis dahin keine eigene Kirche hatte, die Kirche in Flechtingen bauen, die daselbst noch gegenwärtig steht.


42. Die beste Religion.

In der Altmark, nicht gar weit von Salzwedel, liegt das Kloster Distorf, welches eins der ältesten Klöster ist, und schon im Jahre 1161 bei Lebzeiten Markgrafen Albrechts des Bären gestiftet wurde. Es waren etliche Jungfrauen darin, nach der Regel des heiligen Augustinus. Zur Zeit der Reformation lebten darin zwei Schwestern, Elisabeth und Ursula von Ritzebüttel, die konnten nicht schlüssig werden, welches die beste Religion sei, das Papstthum oder die neue Lehre Luthers. Da beredeten sie sich zuletzt, wenn eine von ihnen zuerst sterbe, so solle sie der anderen Bericht thun, welche von beiden Religionen die beste sei, zu derselben wolle sich nachhero die andere halten. Als es sich nun traf, daß einige Zeit darauf Elisabeth zuerst mit Tode abging, fand sich auch alsbald ein Geist in ihrer Gestalt bei der Ursula ein, und antwortete auf

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen der Altmark. Nicolai, Berlin 1839, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Temme_Die_Volkssagen_der_Altmark_035.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)