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Arend, sieh! Von der Zeit an ist denn solcher Name der Stadt verblieben.

Beckmann histor. Beschr. von Brandenburg. Th. 5. B. 1. S. 25.


52. Der Arendsee.

Der merkwürdigste See in der Altmark ist der sogenannte „große See“ bei dem Städtchen Arendsee, auch blos der „Arendsee“ genannt. Er liegt an der alten Poststraße von Havelberg nach Hamburg. Er hat einen Umfang von einer kleinen deutschen Meile, und ist sehr tief, über 20 bis 30 Klafter. Nach dem Städtchen Arendsee hin hat er hohe Ufer; sonst sind seine Ufer flach und sandig. Sein Wasser ist hell und klar. Schilf und sonstiges Sumpfgewächs findet sich nicht darin, sondern nur hin und wieder etwas Binsengras. Auch wird zuweilen beim Fischen mit den Netzen ein Gras herausgezogen, das über 20 bis 30 Ellen lang ist. Das Wasser des Sees bleibt fast immer in derselben Höhe; es vermehrt sich nicht bei nassem, und vermindert sich nicht bei trockenem Wetter. Doch bemerkt man zu Zeiten, daß es etwas wächst, wenn die, zwei Meilen davon entfernte Elbe bedeutend steigt, weshalb man auch annimmt, daß der See, obwohl zumeist durch unterirdischen Wasserzufluß gebildet, doch durch dergleichen Canäle auch mit der Elbe in Verbindung stehe. Fischerei wird wenig darauf getrieben, weil das Wasser zu tief ist; besonders ist es auffallend, daß der Fisch zwischen Michaeli und Mariä Verkündigung sich ganz in die Tiefe hineinzieht.

Der See friert sehr selten zu, gewöhnlich alle 15 Jahre einmal, und immer nur, wenn der Belt zufriert. Wenn er zufrieren soll, welches alsdann gewöhnlich um Heilige Drei Könige geschieht, so fängt er vorher an zu rauchen wie ein Backofen, dabei läßt er ein entsetzliches Geheul und Krachen in seinem Innern, und ein eben solches

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen der Altmark. Nicolai, Berlin 1839, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Temme_Die_Volkssagen_der_Altmark_045.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)