Seite:Temme Die Volkssagen der Altmark 052.jpg

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De Werbner geben den Weiten dühr,
De Osterborger wollden sich reken,
Und deden den Bullen vör den Bären steken.

Ueber die Altmark. a. a. O.

Ueber diese zwei letzten Verse hat man indeß auch noch eine andere Sage. Vor langen Jahren nämlich sah der Thurmwärter zu Osterburg eines Tages einen großen Haufen Thiere auf die Stadt zukommen. Er hielt sie für Bären, und er eilte voller Schrecken vom Thurm herunter in die Stadt und verkündete den Bürgern, daß eine Menge Bären im Anzuge auf die Stadt wären. Da kam denn die gesammte Bürgerschaft zusammen, mit Spießen, Stangen, Mistforken, und was man sonst in der Eile an Waffen hatte aufgreifen können. Die zogen dem schrecklichen Feinde entgegen. Als sie ihn aber erreicht hatten, da sahen sie, daß es eine Heerde Ochsen waren, die friedlich der Stadt zugetrieben wurden.

Zur Auslegung der übrigen vorstehenden Verse mag folgende Auskunft nicht uninteressant sein. In und bei Stendal wurde im Mittelalter viel Weinbau getrieben, den zuerst die unter Albrecht dem Bären (regierte von 1142 bis 1170) eingewanderten Rheinländer, denen das Bier nicht mundete, eingeführt hatten. Dieser Weinbau war so ausgebreitet, daß Stendal seine Weine selbst nach Pommern, Schweden, Preußen und Liefland ausführte. Gardelegen dagegen war in früheren Zeiten durch seine Bierbrauereien berühmt, deren hier zu einer Zeit an dreihundert waren, und von denen namentlich ein unter dem Namen Garlei berühmtes köstliches Bier gebrauet wurde. Durch dieses Bierbrauen kam nach Gardelegen ein großer Reichthum, und die Gardeleger wurden hochmüthig, als wenn sie Junker wären. Die Stadt Tangermünde zeichnete sich in mehreren Fehden des Mittelalters durch

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen der Altmark. Nicolai, Berlin 1839, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Temme_Die_Volkssagen_der_Altmark_052.jpg&oldid=- (Version vom 2.10.2020)