Seite:Temme Die Volkssagen der Altmark 069.jpg

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Abend kam, da mußte er zur Retirade blasen, und sein ganzes Heer zog sich zurück. Das ging aber in guter Ordnung, denn der alte Ziethen sagte den Leuten, sie sollten nur ganz ruhig sein, und er wollte ihnen dafür stehen, daß sie nichts zu befürchten hätten, wenn sie sich nur alle hübsch beisammen hielten; und sie wußten, was der Ziethen ihnen versprach, darauf konnten sie sich verlassen. So kamen sie nun über einen Berg, und wie sie den hinter sich hatten, und sie unten ins Thal gekommen waren, ging eben die Sonne unter. Da commandirte der Alte: Halt, und rühre Keiner ein Glied! Sie standen Alle, Mann für Mann, wie eine Mauer, und der alte General schlug ein Kreuz und murmelte einige Worte in seinen Bart. Die konnte kein Mensch verstehen, aber in demselben Augenblick war die ganze Armee in einen großen Wald von allerlei Bäumen verwandelt. Der alte Ziethen selbst kletterte auf einen Eichbaum, und lachte im Stillen darüber, was nun kommen werde, und wie der Feind sich werde anführen lassen. Es dauerte auch nicht lange, da kam der Feind in voller Hast vom Berge herunter gestürzt, Panduren, Kroaten, Kosaken und allerlei Gesindel, die meinten, die Preußen nur so auffressen zu können. Wie erstaunten die aber, als sie keinen Feind mehr sahen, und auf einmal in einem großen, dichten Walde sich befanden. Sie fluchten und tobten, und jagten wüthend voran, um jenseits des Waldes ihr Müthchen desto sicherer kühlen zu können. Dabei hieben sie denn in ihrer tollen Lust nach manchem Zweige, der ihnen im Wege hing.

Wie sie nun aber durch waren, da stieg Ziethen von seiner Eiche herunter, kreuzte sich wieder und sagte einen andern Spruch. Da waren mit einem Male die Bäume verschwunden, und die Soldaten standen wieder mit Sack und Pack. Mancher hatte zwar von den Hieben in die

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen der Altmark. Nicolai, Berlin 1839, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Temme_Die_Volkssagen_der_Altmark_069.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)