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und mit allen Juden, auf die sie bekannt, gefänglich eingezogen. Wie nun die Juden auch nicht lange haben läugnen können, wurden sie alle mit sammt der Magd zu einem Berge vor dem Müllerthore nach dem Dorfe Schönfeld zu geführet, und dort sammt und sonders lebendig verbrannt. Der Berg heißt davon bis auf den heutigen Tag der Judenberg.

Die Hostie hat man in einer herrlichen Prozession mit großen Klagen, Beten und Reverenz in die Kirche getragen und an einen besonderen Ort gesetzet, allwo sie von Stund’ an große Wunderwerke gethan. Weil sie fortwährend geblutet, so erhielt sie den Namen des Belitzer Wunderblutes. Es geschahen bald große Wallfahrten zu ihr.

Andreas Angelus Annal. March. Brand. pag. 101.


17. Das Wunderblut zu Zehdenick.

Im Jahre 1249 hat ein Weib zu Zehdenick eine geweihete Hostie genommen, in Wachs gedruckt und vor ihrem Bierfasse vergraben, in der Absicht, damit die Leute ihr Bier lieber holen und trinken möchten, da sie einen Bierschank hatte. Als sie aber hernach einen scharfen Prediger gehört, ist sie dadurch zur Erkenntniß ihrer begangenen Sünde gekommen, und obwohl sie eine schwere Buße erwarten konnte, hat sie doch in ihrem Herzen und Gewissen keine Ruhe gehabt, bis sie die Sache an den Tag gebracht. Sie hat demnach Alles dem Pfarrer zu Zehdenick gebeichtet, und wie dieser es nicht hat glauben wollen, allem Volke geoffenbaret. Darauf hat man in ihrem Keller angefangen zu graben, und es ist an dreien Orten Blut hervorgequollen, daß alle Umstehenden sich sehr darüber verwundert. Die Hostie aber hat man nicht wieder aufgefunden. Die blutige Erde hat man darauf ausgegraben und in die Kirche getragen, wo sie viele Wunderwerke gethan. -

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen der Altmark. Nicolai, Berlin 1839, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Temme_Die_Volkssagen_der_Altmark_103.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)