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sich selbst zu überwinden. Victoriosus und seine Mitverschwohrene lassen nie ein falsches Wort von sich hören, ausser wenn sie dollmetschen und lateinisch sprechen. Sie thun gantz stoisch dabey. Ein guter Freund kommt mit ihnen zusammen. Er merckt ihre schwere Sprache. Er sagt ihnen: Sie mögten doch nicht so verwegen seyn dem Livius, dem Curtius, dem Anacreon und dem Flaccus nach zu reden. Es würde ihnen am besten anstehen, wenn sie Bayerische Zeichen der Vorstellungen lieb gewinnen wolten. Kaum ist ein so guter Rath von dem Munde weg; so beweisen sie allesamt sehr nachdrücklich, daß sie noch Fleisch und Blut haben und wollen aus dem, der ihnen günstig ist, einen Faber machen, von welchem sich neulich das Gerücht ausgebreitet hat, daß er in Stücken zerrissen wäre. Gorgatinus, aus dem Geschlechte Suffenus, dichtet. Er macht Characteres und Helden-Lieder. Smetius Prosodie murret und Weinrichs Aerarium ist gar nicht mit ihm zufrieden. Schookius empfängt von dieser Conspiration Nachricht. Er wundert sich und vermuthet, Gorgatinus müsse entweder taub seyn, oder polnische Ohren haben. Er gedenckt es gut zu machen. Er will den armen bedrängten Sohn des Marsias gern in Sicherheit setzen. Daher sucht er zu beweisen, daß es eine Glückseligkeit sey gar nichts hören und ein ungemeiner Vorzug bleibe ausländische Ohren am Kopfe zu tragen. O Himmel! wie ungeberdig stellt sich der gute Gorgatinus. Schoockius soll satirisirt haben und er schwöret, daß entweder dieser falsche Partisan des Todes seyn müsse, oder er selbst wolle den Weg alles Fleisches an eben dem hizigen Fieber gehen, von welchem der Calender-Schreiber Patridge den 29ten Merz, im Jahr 1708. des Nachts um 11. Uhr aus dem Lande der Lebendigen gerissen ist. So gehts. So macht man sich wieder sein eigenes Wohlseyn zu einer ehernen Mauer.

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Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/4&oldid=- (Version vom 1.8.2018)