Seite:Teutsche satyrische Gedichte Wolfenbuettel.djvu/5

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Wahrhaftig ein Sitten-Strafer seyn ist ein gefährliches Amt. Oft wird es einem, ehe man es gedacht, wieder gelegt und nicht selten macht man die Präsidenten in diesen Raths-Stuben zu peinlich Beklagten. Was sie strafen, dessen werden sie selbst angeschuldiget. Lucilius zieht den Degen. Wie er findet, so will er richten. Man aber verdammt ihn. Juvenalis muß seine trockene und vom Zorn entbrannte Leber samt seinen 80. Jahren nach Aegypten schleppen, weil er über den poßirlichen Paris ergehen lassen, was Rechtens war. Den Boileau reizt ein feuriger Trieb sich zu zeigen. Er zeiget sich und kommt mit Satyren auf die Welt. Wie aber gehts ihm? Der iunge Persius that wol, daß er starb, ehe er 30. Jahr alt ward. Sein muthwilliges Gelächter möchte ihm sonst seinen Richterstuhl endlich umgeschmissen haben. Und wer kennt nicht den Petronius? Warum heist der brave Mann auctor purissimae impuritatis, arbiter nequitiarum? Seine Verurtheilte haben ihm solchen Namen gegeben. Günther muß sein Schicksal noch in dem Reiche der Todten beseufzen. Denn seine stachlichte Schriften martern ihn, wie Herr Siebrand, immer hin. Caniz hat das seinige auch erfahren. Mit dem kühnen Hagedorn und Breitinger will ich mir das Trinck-Geld so wenig theilen, als mit Bodmern, oder dem Nachahmer des Schwifts, dem dreisten Lisko.

Was düncket dir nun, geliebter Leser? Muß nicht Rachel sehr sorgloß gewesen seyn, als er eine so schädliche Profeßion unternahm? Solten die Herausgeber seiner Blätter nicht eine unverschämte Stirn haben, da sie sich eines fremden Unrechts mit aller Lust theilhaftig zu machen scheinen? Allein laß dich nicht irren. Liß nur in einer gesezten Ruhe diese Poesien durch. Hernach fälle einen Spruch darüber, wie du wilst. Lache mit Vergnügen, oder sperre das Maul weit auf. Eins von

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Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/5&oldid=- (Version vom 1.8.2018)