Seite:Teutsche satyrische Gedichte Wolfenbuettel.djvu/6

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

beyden wirst du gewiß thun. Denn alle dieienigen, welche diese Reime vorher angesehen haben, thaten desgleichen. Du kanst zu einer Parthey übergehen, zu welcher dirs beliebt. Rachel macht sich nichts daraus. Ich auch nicht. Doch muß ich dir so viel teutsch heraus sagen, daß wir die Seele, welche in diesen Bogen eine erbauende Ergötzung findet, für weise, ihre entrüstete Verächter aber für Narren halten. Ich gönne dir dein Bestes und will dir, um dein Herz vielleicht unvermerckt zu einer billigen Sanftmuth vor zu bereiten, von unserm Schriftsteller und seiner Sache nur noch einigen Bericht ertheilen.

Er heist Joachim Rachel. Lunden ist der Ort, wo er zur Welt gebohren wurde. So viel kan ich versichern, daß ich mich,wenn er Londinensis genennet wird, noch niemals mit ienem Stümper gewundert habe, wie ein Engelländer Sitten-Gedichte in unserer Mutter-Sprache habe ausgehen lassen. Das aber gestehe ich gerne, daß ich es für einen Fehler halte, wenn das Lunden, so uns den lehrreichen Dichter gebracht hat, die Haupt-Stadt in Schonen seyn soll. Die Gelehrten- und Universal-Lexica wollen es zwar sagen. Neumeisters dissertation de poetis germanicis hat es nicht anders vorgeschrieben. Allein ich bin immer der Meynung, daß wir unser Lunden in Ditmarschen zu suchen haben. Hat man denn des armen Mannes Schluß des Schreibens an den freundwilligen Leser seiner Verse nicht besser erhören mögen? Er bittet ia dienstfreundlich, daß man, wenn ein Ditmarscher mit untergelaufen wäre, den guten Kerl als einen redlichen Landsmann paßiren lassen wolle. Rachel wuste am besten, wo er her war und hatte den Gottorpischen Rath und bekanten Rechtsgelehrten zum Bruder. Zu Norden in Ost-Frießland war er Rector. Sein Amt verwaltete er dergestalt, daß er nicht durch einen dicken Bauch und

Empfohlene Zitierweise:
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/6&oldid=- (Version vom 1.8.2018)