Schlächterhaus, was nie mein Geschmack war. Durch den langen dunklen Hof hin, zog sich eine Rinne, drinn immer Blut stand, während am Ende des einen Seitenflügels, an einer schräg gestellten breiten Leiter, ein in der Nacht vorher geschlachtetes Rind hing. Glücklicherweise war ich nie Zeuge der entsprechenden Vorgänge, mit Ausnahme der Schweineschlachtung. Da ließ sich’s mitunter nicht vermeiden. Ein Tag ist mir noch deutlich im Gedächtniß. Ich stand auf dem Hausflur und sah, durch die offenstehende Hinterthür, auf den Hof hinaus, wo gerade verschiedene Personen, quer ausgestreckt, über dem schreienden Thier lagen. Ich war vor Entsetzen wie gebannt und als die Lähmung endlich gewichen war, machte ich, daß ich fortkam und lief, die Straße hinunter, durch’s Thor auf den „Weinberg“ zu, ein bevorzugtes Vergnügungslokal der Ruppiner. Ehe ich aber daselbst ankam, nahm ich, um zu verschnaufen, eine Rast auf einem niedrigen Erdhügel. Den ganzen Vormittag war ich fort. Bei Tische hieß es dann: „Um Himmelswillen, Junge, wo warst Du denn so lange?“ Ich erzählte nun ehrlich, daß ich vor dem Anblick unten auf dem Hofe die Flucht ergriffen und auf halbem Wege nach dem Weinberge hin, auf einem Erdhügel gerastet und meinen Rücken an einen zerbröckelten Pfeiler gelehnt
Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. Berlin: F. Fontane & Co., 1894, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Fontane_%E2%80%93_Meine_Kinderjahre.djvu/035&oldid=- (Version vom 1.8.2018)