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 Der Gedanke, das Feierabendhaus ins Mutterhaus zu verlegen, ist ja wohl groß und kühn und wie ein Brechen mit einer vierundzwanzigjährigen Entwicklung. Andererseits ist er sehr natürlich: um der Schulen willen mußte damals für die kranken Schwestern anders gesorgt werden; nun sollen die Schulen ihr eigenes Gedinge bekommen (wir haben einen idealen Platz ganz am Wald ins Auge gefaßt), – da kommt es mir nur natürlich vor, daß die Schwestern nun wieder ins Mutterhaus kommen. Das Feierabendhaus hätte ich am liebsten dann zum Seminar gemacht (das ist natürlich alles noch sehr unklar), denn wir müssen nun mehr Lehrerinnen ausbilden. Der Gedanke von der lobenden, feiernden Gemeinde im Feierabendhaus ist groß und schön und gewiß nicht ohne Verwirklichung geblieben, und welch ein Segen ist von den Gottesdiensten und Sterbebetten ausgegangen! Aber das könnte doch alles im still gewordenen Mutterhaus auch sein. Das Familienzimmer würde wieder – Betsaal! Ich denke eben nicht bloß an die schöne Seite des Feierabendhauses, sondern an eine vierundzwanzigjährige Leidensgeschichte. Gott wolle uns doch viel Weisheit geben. Es ist jetzt so gar viel, was Herz und Gemüt bewegt, und ich möchte so viel mit Dir besprechen. Ich finde, daß gerade die vielen Aufgaben unsere Sache frisch erhalten. Aber Gott behüte uns vor dem kleinsten willkürlichen Schritt!

 Es sind so mancherlei Zeichen, daß Gott die Nürnberger Schule will. Sie hat jetzt bereits fünfzig Anmeldungen. Heute schickte uns die Familie Tucher 500 Mark zu dem neuen Unternehmen. Gestern schickte uns jemand 100 Mark für unser Erholungshaus. Denk Dir, sie haben mir in Kaiserswerth ein Thema zugewiesen für die Konferenz: von Leseabenden für die Schwestern und von der rechten fruchtbaren Gestaltung der Ferien, willst Du mir helfen? Es sollen jetzt immer nur zwei Vertreter kommen, weil’s sonst zu viel wird. Herr Rektor und meine kleine Person werden diesmal vertreten. Herrn Rektor haben sie auch ein Thema gegeben: „Wie erziehen wir uns selbst und unsere Schwestern zu einer wahrhaftigen Gottesfurcht auf Grund der Wiedergeburt?“

 Doch ich muß aufhören. Gott behüte Dich!

In treuer Liebe Deine Therese.


Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/148&oldid=- (Version vom 17.10.2016)