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 ...Denk Dir nur, ich spinne jetzt an den Abenden, und Schwester Gertrud und Schwester Johanna[1] auch, wir haben auch allerlei Pläne. Vielleicht wird auf unser Haus ein Stockwerk gesetzt, die Industrieschule soll vergrößert, ans Hospiz etwas angebaut werden, und, so Gott will, fangen wir auch bald die Kirche an. – Lern nur alles, was möglich ist, auch spinnen.

 Schau nur immer auf die eine große Hauptsache: Jesus ist unser Heiland, Er hat uns Vergebung der Sünden gebracht und will uns ewig selig machen. Dafür sollen wir immerzu danken und uns dessen immerzu freuen. Es ist alles klein und gering im Vergleich mit dieser einen großen Sache. Laß uns nur unsere Seele in Händen tragen und vorsichtiglich, genau nach der Richtschnur des göttlichen Wortes, wandeln. Gott segne Dich auf allen Deinen Wegen!

Deine Mutter Th.


An ein junges Mädchen.
Neuendettelsau, 2. August 1884

 Mein liebes Kind, es ist mir lieb, daß Du mir ehrlich geschrieben hast über Deine innere Stellung zum Diakonissenberuf. Laß uns darüber ganz einfältig die richtige Anschauung aus Gottes Wort nehmen. Du weißt, was 1. Kor. 7 geschrieben steht, und das kann nun doch niemand leugnen. Es ist auch meine innerste Überzeugung, daß es für uns Frauen etwas Idealeres nicht geben kann als ein richtiges Diakonissentum mit seinem innersten Zentrum, der Idee der Gottverlobtheit. Ich betone: ein richtiges Diakonissentum, und bin mir dabei bewußt, daß weder ich noch die Mehrzahl meiner Genossinnen den Beruf erfaßt haben, wie es eigentlich sein müßte, wir sind arme Kinder einer armen Zeit, es ist alles klein und gering und schwach. Aber die Sache an sich bleibt in ihrer Größe und Schönheit. Unser Heiland, der die Menschenherzen kennt, auch die Jungfrauenherzen, sagt, daß der Punkt von der Ehelosigkeit nicht von jedermann gefaßt werde. Auch sagt St. Paulus von einer Verschiedenartigkeit der Begabung. Fühlst Du deutlich und erkennst es, daß Dein Sehnen


  1. Schwester Johanna Prey, Pfortenschwester.
Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/20&oldid=- (Version vom 1.8.2018)