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An die Einsegnungsschwestern vom 21. Februar 1908.
Neuendettelsau, 21. Februar 1912

 Meine lieben Schwestern, heute, dachte ich, will ich doch an die „Löheschwestern“ einen Brief schreiben. Aber ehe ich’s ausführte, kamen Eure beiden Genossinnen an; die brachten einen wunderschönen Blumenkorb, in dem ein goldener Schatz verborgen war. So muß ich Euch schreiben, ob ich’s vorher nur wollte. Gott vergelte Euch alle Liebe und Treue und erhalte uns in der Einigkeit des Glaubens bis ans Ende!

 Ich habe gerade in den letzten Blauen Stunden über die Geschichte unseres Hauses geredet und wie uns Gott trotz all unsrer Sünde und Mangelhaftigkeit durchgeholfen hat. Es ist wahrhaftig die Geschichte unseres Hauses eine Wundergeschichte, und Ihr sollt Euch liebend in sie versenken, um desto inniger danken und Gott preisen zu können. Wir sollen aber unsern Dank auch im Leben beweisen und der Heiligung mit großem Ernst nachjagen, wie oft drängt sich einem der Gedanke auf: wenn andere Seelen das erlebt und erfahren hätten, was wir, wie viel mehr würden sie es ausgenützt und ins Leben umgesetzt haben!

 Betet auch, daß der Herr bei Dettelsau bleiben möge, bis Er kommt. Dürfen wir diese Bitte nicht wagen? Ich denke eben so: wenn es unserem Hause einmal ginge, wie so manchem Kloster, das auch ursprünglich eine Segensstätte war und dann zur Ruine wurde, dann müßten schwere Sünden den Herrn und Seinen Segen vertrieben haben. Davor behüte uns, lieber Herre Gott!

 Übermorgen nehmen wir 23 Blaue zu Probeschwestern auf; es ist ein Segen, daß wir es dürfen. Laßt uns mit unablässigem Eifer einem Ideal nachjagen, das ältere und jüngere Schwestern im rechten Verhältnis zueinander darstellt. Die älteren sollen die jüngeren mit Liebe und Hoffnung hereinnehmen, die jüngeren zu den älteren mit Vertrauen aufschauen können und an ihnen allezeit das Glück wahrnehmen, das aus dem Leben derer strahlt, die bei Ihm Frieden gefunden haben.

In herzlicher Liebe Eure Therese.


Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/201&oldid=- (Version vom 24.10.2016)