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 Über ein Kleines, und unser Leben ist vorüber. Daß wir nur die Hauptsache davonbringen: um des bittern Leidens Jesu willen vergibt Er uns unsere Sünde und bringt uns zu dem ewigen Erbe, das Er uns erworben hat.

Deine Therese.


An die Einsegnungsschwestern vom 21. Februar 1908.
Neuendettelsau, am Geburtstag unserer seligen Frau Oberin, 5. März 1920

 Meine lieben Schwestern, Ihr habt Euren Einsegnungstag gefeiert, und wir haben hier Euer auch gedacht. Ich danke Euch für Eure Liebesgaben und den schön geschriebenen Spruch: „Ja, ja, ich hab’ im Glauben, mein Heiland, dich geschaut.“ – Möchten wir alle in Wahrheit so singen können, dann braucht es uns um keine unter uns bange zu sein.

 Meine lieben Schwestern, habt Ihr auch schon nachgedacht über das große Geheimnis des menschlichen Willens? Ich rate Euch, wie ich es ja wohl oft schon im Schwesternkreis getan habe, übergebt doch alle Tage recht aufrichtig Euren Willen in Gottes Willen! Gott will unsre Seligkeit. Satan kann das nicht hindern, ob er wohl möchte, aber er ist gerichtet. So ist es also nur der menschliche Wille, der das Verderben herbeiführt. Wie müssen wir uns fürchten vor uns selbst! Aber die starke, allmächtige Jesusliebe will Euch und mich, will uns alle hindurchretten. Sie wird es auch tun.

 Seid froh, daß Ihr noch etwas ausrichten dürft! Etwas werden und etwas tun dürfen zu Gottes Ehre, das soll unser Bitten und Flehen sein. Betet auch treulich, daß auf allen Stationen möchte der Friede regieren dürfen!

 Als Herr Pfarrer Löhe vor Zeiten die „Schlagwörter“ uns einprägte: Armut, Gehorsam, Keuschheit, da fand er es nötig, ein viertes Schlagwort den dreien beizufügen: die Friedfertigkeit; und noch ein wenig später wollte er uns die Schweigsamkeit als fünftes Schlagwort einprägen.

 Nun seht, was Ihr aus diesem Brief verwerten könnt, Ihr lieben „Löhetöchter“, die Ihr eine sonderliche Aufgabe in der Genossenschaft habt um Eures sonderlichen Einsegnungstages willen.

In treuer, herzlicher Liebe Eure Therese.


Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/241&oldid=- (Version vom 24.10.2016)