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Zum Gedächtnis
Ansprache von Herrn Rektor D. Lauerer am Grabe von Frau Oberin-Mutter Therese Stählin an deren 100. Geburtstag, dem 22. Dezember 1939.

 Heute als am 100. Geburtstag unserer lieben Frau Oberin Therese Stählin hat uns die Dankbarkeit an ihrem Grabe versammelt, die Dankbarkeit gegen Gott und gegen die heimgegangene Mutter unseres Hauses, durch die Gott unserem Haus und Werk so viel Gutes getan hat.


Wofür danken wir?

 Wir Alten, die wir Frau Oberin noch gekannt und mit ihr gearbeitet haben, haben in diesen Tagen das Recht, ihr Bild uns wieder gegenwärtig zu machen, und die Pflicht, es vor alle hinzustellen. Das bedeutet nicht die Bindung an eine vergangene oder gar überwundene Entwicklungsstufe unseres Werkes, so wie sonst die Zeit um 1900 für unser Denken so viel weiter zurückliegt, als die Zahl der Jahre besagt, die inzwischen vergangen sind. Das eben gehört zu dem Charakteristischen unserer Frau Oberin, daß bei ihr zwischen ihrer Beweglichkeit und Aufgeschlossenheit auf der einen Seite und der Treue gegenüber dem ihr anvertrauten Gut auf der andern Seite ein gesunder und wie selbstverständlicher Ausgleich war. Wie behend und beweglich war sie doch schon rein körperlich auch noch in ihren alten Tagen! Und dabei war ihre Gestalt und ihr Auftreten so würdevoll und ehrfurchtgebietend, eine Dienerin und eine Gebieterin zugleich. Sie hat das Telefon nicht geliebt. Wenn irgendwo im Anstaltsgedinge ein Anliegen war, pflegte sie selbst hinzueilen, – ein Ideal, auf das wir mit Wehmut zurückblicken. Und dabei war sie doch für eine ruhige, seelsorgerliche Besprechung immer zu haben, wenn auf einer Seele eine Sorge lag, – eine Notwendigkeit, die auch wir mit Nachdruck festhalten wollen.

Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/280&oldid=- (Version vom 10.11.2016)