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wissen. Sie ist uns doch hier bei dem einmaligen Besuch sehr eng verbunden worden. Es ist auch so viel Teilnahme bei der Todesnachricht gewesen.

 Ich habe schon manchmal mit meiner Schwester besprochen, wie es sein wird, wenn so eins nach dem andern dahinzieht. Eins wird ja das Letzte sein. Es war mir heut morgen so weh und sehnsüchtig und heimwehartig im Wald draußen. Ich mußte mich so in vergangene Zeiten versenken, weil heute der Geburtstag von Emma Merz ist. Sie wäre fünfzig Jahre alt und starb mit dreiundzwanzig. Ich zeig sie Dir einmal droben. Sie war eine hochgemute Seele.

 Ich sende Dir nur heute diesen kurzen Gruß. Deine Seele wird wund sein, aber Du weißt auch, daß wir alle miteinander Ihm gehören und gehören hinauf, wo Er ist und wo unsere geliebten Vorangegangenen sind. Ebr. 12, 1. 2.

Deine Therese.


An Schwester Elisabeth von Oldershausen.
Neuendettelsau, 13. November 1885

 Meine liebe Elisabeth, gestern bin ich mit Caroline Meyer und Marie Preller in Dürrenmungenau gewesen, wir wollten Herrn Paul Löhe[1] in einer Angelegenheit um Rat fragen, die uns schon manchmal beschäftigt hat. Wir tragen uns nämlich mit dem kühnen Gedanken, den Boten Schneider abzuschaffen und die Botenangelegenheit selbst in die Hand zu nehmen. Wir wollten dann aber nur bis Kloster fahren und müßten in Nürnberg einen guten Freund, eine Art Spediteur haben, der uns die Sachen besorgt und sie zur Bahn schickte, natürlich gegen etwas Vergütung. Die Sache ist noch nicht reif, aber ich glaube, daß wir recht handeln, wenn wir die Sache selbst in die Hand nehmen. Sprich doch auch gelegentlich einmal mit der einen oder andern Schwester darüber.

 Meine liebe Schwester, behalt mich auch lieb in Nürnberg, nicht wahr? Weißt Du, ich habe zuweilen so ein „veranstaltlichtes“ Gefühl im Herzen. Es ist doch nur schön in der Welt wenn man warm und innig und auch harmlos lieben kann.

Deine Therese.



  1. Neffe von Pfarrer Löhe, Gutsbesitzer in Dürrenmungenau.
Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/31&oldid=- (Version vom 1.8.2018)