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auch ein wenig fort. Auf einmal klappte ich auch um, und Herr Rektor sagte, es wäre für die Sache gut, wenn ich ein wenig verschwände! So treffe ich morgen mit Marie Hedwig in Weißenburg zusammen, und wir pilgern miteinander nach Weimersheim zu unserer ältesten Schwester Berta und wollen in ihrem schönen stillen Pfarrhause ausruhen.

 Im lieben neuen Kirchlein ist nun schon viel Schönes gepredigt worden, aber denke Dir, daß ich noch nicht genug darin daheim bin. Jetzt reißt’s noch so an meinem Herzen bei der Verwüstung der alten Kapelle, in der jedes Stücklein für mich eine Geschichte hat. Es ist alles ganz dumm, aber der ganze Mensch ist eben dumm. Die Kapelle wird nach dem gezeichneten Plan umgebaut. Es wird ja recht sein so. Denk auch daran, daß alles recht wird nach Gottes willen.

 Auf dem Weg zum Tierarzt starb kürzlich unser Pferd, Braun genannt, von dem mir die junge Marie Vosseler erzählte wie von einem Menschen, was es alles für Tugenden gehabt.

 Die Fluren stehen so wunderschön, und der Wald ist so schön, aber meine Seele ist so dürr und ausgetrocknet, ich kann mich nicht eintauchen in den ewigen Freudenquell. Hoffentlich kannst Du es und kommst reichlich erquickt zurück.

Behüt Dich Gott! Deine Therese.


An Schwester Charlotte Kollmann.
Weimersheim, 20. Juli 1887

 Meine liebe Schwester Charlotte, Marie denkt Tag und Nacht nichts anderes, als daß wir Dir von hier aus einen Brief schreiben müßten... Ja, es ist doch etwas Gutes um ein wenig Ausspannung, und doch habe ich Ende der Woche genug davon, wir genießen unsere Freiheit und unser Zusammensein in vollen Zügen. Es ist eine herrliche Gegend hier. Ein stilles Pfarrhaus hat mir ohnedies etwas unbeschreiblich Anziehendes. Gestern waren wir in Kattenhochstadt, wo unser ältester Bruder Vikar war und sich vor dreißig Jahren seine Braut geholt. Dort liegt der ehrwürdige Dekan Brandt begraben, der Gründer des Windsbacher Waisenhauses. Auf seinem Grabstein steht:

Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/37&oldid=- (Version vom 5.7.2016)