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An Schwester Selma Trautwein.
Neuendettelsau, 16. Nov. 1887

 Meine liebe Selma, der erste Geburtstag im Spital zum Heiligen Geist! Das sind doch wunderbare Dinge, die über Dich gekommen sind. Nun soll der werte Heilige Geist Dich immer näher zu sich nehmen, immer mächtiger Dich durchdringen und immer wirksamer zu Dir reden. Ich danke Dir für Deinen Brief, der mir samt den vorausgehenden Nachrichten ein großer Trost war, denn es bangte mir eben doch ob der unbekannten neuen Küchenwelt. Gott sei Dank für alles! „Du Hilf in allen Nöten!“ Halt nur einmal im Lauf der Zeiten mit den alten Weiblein Kinderschul’. Das dürfte noch fruchtbarer sein als bei den Kleinen, von denen niemand weiß, wieviel sie mit durchs Leben tragen und wieviel sie auf dem Weg verlieren werden. Die Alterchen halten vielleicht den dargebotenen Schatz auf der kurzen Wegstrecke fester.

 Denk nur, gestern kam der Herr A. von Bruckberg an, um sich an richtiger Quelle nach all den Gerüchten zu erkundigen, die jetzt kursieren. Ein Mann hätte ihm berichtet, es wäre nun Polsingen aufgehoben, und jetzt müßte man’s betreiben, daß wir nach Bruckberg ziehen. Ferner wäre ein Herr erschienen, um, angeblich in unserem Auftrag, die Stahlquelle zu untersuchen. Du mußt auch den lieben Gott darum bitten, daß Er uns Bruckberg zuwendet.

Deine Mutter.


An Schwester Selma Trautwein.
Neuendettelsau, 21. Febr. 1888

 Meine liebe Selma, ich komme eben vom Grabe unseres lieben seligen Herrn Pfarrers, der heute vor achtzig Jahren geboren ist. Ich bin so froh, daß er daheim im Frieden ist; ich bat den Herrn, ihm heute eine sonderliche Erquickung zuzuwenden auch für das, was er an meiner Seele getan. Meine liebe Selma, wollen wir an unserm kleinen, geringen Teile sein Erbe bewahren helfen, an unserem Teile für die Ausgestaltung seiner Ideen mithelfen! Wie hätte er sich gefreut über die vielen Schwestern in seinem lieben alten Nürnberg! Wie brannte seine Seele für den Gedanken, daß ein Strom barmherziger Liebe von diesem Orte ausginge! „Eine Macht des Guten werden im Lande“, das war’s, was er unserer Genossenschaft als Ziel und Aufgabe stellte. Liebe Selma, wenn

Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/40&oldid=- (Version vom 5.7.2016)