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An Schwester Regine Meisinger.
Neuendettelsau, 9. Dez. 1889

 Meine liebe Regine, ich wünsche Dir eine reich gesegnete Advents- und Weihnachtszeit. Ach, wir wollen uns doch unserem Heiland ganz ergeben und all unsere Zuflucht zu Ihm nehmen in allen großen und kleinen Anliegen, wie geborgen können wir uns doch fühlen, daß wir einen solchen allmächtigen Gott und Helfer haben! Bete nur immerzu um Stärkung des Glaubens für Dich und mich und für unsere ganze Gemeinschaft. Es ist ja alle Hilfe und aller Reichtum da, nur daß wir im Glauben zugreifen und nicht zu schüchtern und nicht zu träge sind.

 Daß es unserm lieben Herrn Rektor wieder so gut geht, dafür können wir gar nicht dankbar genug sein. Es ist eine große, unverdiente Gnade...

 Laß Dir doch bei den Kindern das recht angelegen sein, daß Du sie nach ihrer Eigenart studierst. Kinder wollen verstanden sein, wir Alten auch. Es ist in uns allen ein tiefes Verlangen, verstanden zu werden. Dem müssen wir Rechnung tragen im Verkehr mit Jungen und Alten.

Behüt Dich Gott! Deine treue Mutter Therese.


An Schwester Selma Trautwein, München, Asyl.
Neuendettelsau, 13. Dezember 1889

 Meine liebe Selma, hier schicke ich Dir ein Büchlein, das Du lesen wollest. Es war mir merkwürdig, daß ich dies Büchlein in die Hände bekommen mußte, nachdem mich seit Jahren die Sache mit den schlechten Häusern bewegt hat. Meine Selma, ich wünsche Dir nie ermüdende Geduld in Deinem Beruf. Der tiefe Blick in die göttliche Geduld, den Du tun mögest, sei Dir immer neue Stärke in der Geduld mit den armen Seelen. O wie viel Täuschung muß auch Schwester Amélie hier im Magdalenium erleben! Und doch, und doch! Laß uns nicht müde werden. Satan soll nicht das letzte Wort reden auf diesem Gebiet. Es ist mir doch wie ein göttliches Siegel zu dieser Arbeit, daß gerade in der letzten Zeit solch ein neuer, frischer Wind weht. Dich hat Gott nach München gerufen, uns hat Er zu dem Haus getrieben, das nun dasteht,

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Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/52&oldid=- (Version vom 5.7.2016)