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Volke, mit Seiner Kirche in dem Verhältnis eines Bräutigams zu seiner Braut stehen, und alle irdische Ehe und Brautschaft hat wohl als höchsten Zweck den einen, dies ewige, wunderbare Verhältnis abzuschatten. Eph. 5, 23 ff.

 Aber noch von einem andern Bund wissen wir, den Gott, nachdem die Zeit erfüllet war, mit der einzelnen Seele schließt: es ist der Bund in der heiligen Taufe, wie Israel ein königliches, priesterliches Volk sein sollte und Sein Eigentum vor allen Völkern, so wird jede einzelne Seele zur Königin und Priesterin und zu Gottes Eigentum geweiht in der heiligen Taufe. Er will mit jeder einzelnen Seele, die Er in der heiligen Taufe erwählt hat, in dies unaussprechlich nahe und innige Verhältnis treten.

 Dies einzigartige Verhältnis ist aber selbstverständlich kein Vorrecht einzelner Menschen, etwa solcher Menschenkinder, die als Jungfrauen durchs Leben gehen. Alle, alle, sie mögen in oder außer der Ehe leben, Männer oder Frauen heißen, sollen Gott verlobt sein.

 Die gottverlobte Seele wacht ängstlich darüber, daß kein Mensch und keine Sache in ihrem Herzen einen Platz einnehme neben Jesu. Er muß der König sein, und die Liebe zu Ihm muß die Herrschaft haben. Sie kann nicht anders, als alles in Beziehung zu Ihm setzen. All ihre Weisheit und Klugheit auch für das irdische Leben quillt aus dem Verhältnis zu Ihm, und eine Beurteilung außerhalb des Zusammenhanges mit Ihm, etwa sogenannte praktische, nüchterne, geschäftliche Lebensanschauungen, wenn sie nicht in der engsten Verbindung mit Ihm bestehen können, kennt sie nicht.

 Ein weiterer Zug der gottverlobten Seele ist das rückhaltlose Vertrauen zu ihrem Seelenfreunde, der es ewig gut mit ihr meint und bei dem sie wohl geborgen ist. Aus diesem Vertrauen folgt die Gelassenheit der Seele in allen Stücken, denn sie weiß: ein anderer sorgt für mich, und alles unruhevolle Treiben und Abmühen in der Menge der eigenen Wege hat für mich ein Ende. Hieraus folgt mit Notwendigkeit als normaler Zustand der des stillen Glückes und der tiefinnerlichen Zufriedenheit.

 Doch ist noch nicht die Zeit der gefahrlosen Sicherheit hereingebrochen. Das weiß die Seele; sie weiß, daß Satan und

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Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/55&oldid=- (Version vom 8.8.2016)