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diese Hauptsache vergessen wird. Ich lasse Herrn Medizinalrat Merkel mit ehrfurchtsvollem Gruß sagen, er möchte einen sehr schönen Betsaal als Zentrum des ganzen Neubaues planen.

In Liebe und Treue Deine Mutter.


An Schwester Charlotte Kollmann in der Woche des Einsegnungsunterrichtes.
Neuendettelsau, 27. Jan. 1892

 Meine liebe Charlotte, Du ahnst nicht, welch eine Fülle aus Gottes Gnade durch Seinen Knecht auf uns strömt in diesen Tagen. Es ist mir so wunderbar zu Sinn. Man hat so den Eindruck, Gott will uns zur Entscheidung drängen, uns alle, alle. Mehr kann Er nicht mehr an uns wenden. In den wunderbaren Stunden möchte das Herz bald erbeben, bald jauchzen.

Deine Therese.


An ihre Schwester Ida.
Neuendettelsau, 10. Febr. 1892

 Meine liebe Ida, ich habe Dir noch gar keinen Krankenbesuch gemacht, ich bitte Dich herzlich, dies nicht als Teilnahmlosigkeit auffassen zu wollen. Marie hat mich doch auf dem Laufenden erhalten. Gottlob, daß es Dir doch wieder besser geht. Denn ob wir wohl alle heimwärts trachten und auch nicht zur Ruhe kommen, bis wir bei unserm Herrn sind, so gehört es doch auch zur Gottesebenbildlichkeit des Menschen, daß er „Lust hat zum Leben“. Und wie dankbar sind wir und Deine Kinder, daß Dich Gott noch unter uns läßt. Bitte, grüße doch alles recht innig, was an Dein Krankenbett kommt. Ich denke mir’s doch auch recht schön, wenn Du nach und nach wieder kräftig wirst, so still mit den Deinen zusammensein zu können. Ich sehne mich oft nach etwas mehr Stille.

 Du hörst wohl durch Marie, daß unter uns viel Bewegung ist. Ja, ich muß mich nur immer wundern, welch eine merkwürdige Zeit für uns ist. Oft meine ich kaum all die gewaltigen Eindrücke überstehen zu können, oft bin ich auch sehr getrost und freudig. Gestern waren wir in Bruckberg, Herr Rektor, Herr Konrektor, meine Wenigkeit und Schwester Sophie Renner. Herr Rektor sagte: „Was werden die alten Markgrafen sagen, daß wir ihnen so ins Gehege kommen!“ Gerade

Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/90&oldid=- (Version vom 8.8.2016)