Seite:Therese Stählin - Meine Seele erhebet den Herrn.pdf/132

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und Plage zu gedenken, die Dein früheres Leben mit sich führte. Gott sei tausendmal gepriesen, der Dich so reichlich seine Kraft und Stärke hat spüren lassen. Wie gerne möchte ich am nächsten Mittwoch ein: „O daß ich tausend Zungen hätte“ oder: „Lobet den Herren“ mit Dir anstimmen! Gott lasse Dir sonderlich an dem Tage seine Freudensonne recht ins Herz hineinscheinen! Es ist ja doch mit aller andern Freude im Grunde nichts Rechtes. Wenn wir Dich tausendmal mehr liebten, als wir Dich lieben, und Dich auf den Händen trügen, und Du tausendmal mehr Freude an uns hättest, so vermöchte doch das alles nicht Dein Herz zu füllen, das nach Freuden, die aus einer andern Welt kommen, hungert.

 Mein letztes kurzes Beisammensein mit Dir und den lieben Geschwistern ist mir in schöner Erinnerung. Ich war so fröhlich, als ich am Abend von Wörnitz daherwandelte und dabei an meinen ersten Eintritt in Dettelsau vor sieben Jahren gedachte. Und der folgende sonnige Tag in Eurem Pfarrhäuschen war auch gar schön. Ich bin glücklich heimgekommen und habe mein Tagewerk fröhlicher als je begonnen.

 ...Von Frau Oberin soll ich Dir einen herzlichen Gruß und Glückwunsch schreiben. Maries Häuschen wird, so Gott will, am 6. Dezember eingeweiht. Nächste Woche wollen wir die Verlosung halten.

 Gott behüte Dich, meine liebste Mutter. Grüße die Geschwister herzlich und danke ihnen noch für die Gastfreundschaft.

Deine dankbare Theresia.


An die Mutter.
Neuendettelsau, den 28. Dezember 1862

 Liebste Mutter, demnächst soll etwas von hier ausgehen, eine Aufforderung an die Pfarrer, sich mehr um die Diakonissensache zu kümmern, drüber zu belehren und Teilnahme zu erwecken, auch selber ihre Töchter nicht als geputzte Damen herumlaufen und nichts arbeiten zu lassen, sondern sie vor allem zum Diakonissendienst herzugeben. Du hast von Deinen Töchtern mehr als den Fünften gegeben. Das könnte am Ende als Regel gelten. Beim Zehnten springt doch zu wenig heraus. Mit herzlichen Grüßen

Deine Theresia.


Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Meine Seele erhebet den Herrn. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1957, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Meine_Seele_erhebet_den_Herrn.pdf/132&oldid=- (Version vom 10.11.2016)