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schönen Wald, und Du siehst mich dann einmal in praktischer Tätigkeit. Wie freu ich mich!... Gott behüte Dich, meine liebste Mutter!

Deine dankbare Tochter Therese.


An die Mutter.
Neuendettelsau, den 24. März 1868

 Meine liebste Mutter, heute empfing ich Deinen lieben Brief, für den ich Dir herzlich danke. Ich eile Dir gleich zu sagen, daß Dein Reiseplan wunderschön ist. Mein Beruf ist mir wohl noch neu dann, aber das wird doch kein Hindernis sein. Also laß es nur vorderhand so stehen. Du kommst am Montag der Karwoche zu uns und bleibst bis zum Karsamstag. Wie freue ich mich, mit Dir nach vielen, vielen Jahren wieder einmal Karfreitag zu feiern (nein, so gar viele Jahre sinds doch nicht, fällt mir da ein; ich war ja einmal in Breitenau um diese Zeit.) Marie ist da wahrscheinlich auch noch hier, denn sie bedarf einer längeren Erholung. Wie schön wird das sein!...

 Ich schreibe heute nicht mehr, nur noch das Eine, daß ich morgen erst, als am Tage Marien Verkündigung, in mein Amt eingeführt werde. Nicht wahr, Du gedenkst meiner in inbrünstigem Gebet. Die Veränderung geht bei mir tiefer als bei andern Diakonissen der Berufswechsel.

Deine Theresia.


An die Mutter.
Neuendettelsau, den 22. Juni 1868

 Meine liebste Mutter, nur einen herzlichen Gruß möchte ich Dir durch N. N. senden, damit Du weißt, daß ich lebe und gesund bin. Ich wollte Dir ohnehin in diesen Tagen schreiben, nun kann ich’s heute freilich nur kurz tun. Ich kann’s noch immer nicht verschmerzen, daß Dein Besuch, auf den ich mich so lange gefreut, so halb mißlungen ist. Es ist jetzt viel ruhiger hier, und auch mein Berufsleben ist etwas stiller geworden. Doch es ist nun vorbei. Es war ja doch schön, daß ich Dich in München noch einmal sehen durfte. Es geht mir recht gut, liebe Mutter. Ich habe Hoffnung, daß ich mit Gottes Hilfe meines Berufes nach und nach mächtig werde. Es war mir eine große Ermutigung, als mir neulich jemand erzählte, Herr Pfarrer habe gesagt: „Sie ist an ihrem Posten.“ O die

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Therese Stählin: Meine Seele erhebet den Herrn. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1957, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Meine_Seele_erhebet_den_Herrn.pdf/172&oldid=- (Version vom 10.11.2016)